Über das Ausscheiden Norman Paechs aus dem Bundestag

Noch einmal in den Gaza-Streifen

In der vergangenen Legislaturperiode war Normann Paech außenpolitischer Sprecher der »Linken« im Bundestag. Auf seiner Agenda standen vor allem Israel und der Nahost-Konflikt. Er äußerte sich wiederholt antizionistisch.

Norman Paech, Abgeordneter der Linksfraktion in der 16. Wahlperiode, war selbst in den eigenen Reihen sehr umstritten. Von seinem Kurs, sich als Vorposten des Antizionismus im Bundestag zu etablieren, war er trotzdem nicht abzubringen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich ein Großteil seiner Pressemitteilungen auf die Themen Israel, Naher Osten und Iran konzentrierten. Man sollte denken, dass Norman Paech als außenpolitischer Sprecher mehr als nur diese Themen auf der weltpolitischen Tagesordnung hatte – leider war das selten der Fall. Natürlich kam er als Außenpolitiker nicht daran vorbei, sich auch zu anderen Themen zu äußern. Trotzdem war es nicht verwunderlich, dass etwa zu den jüngsten Auseinandersetzungen im Jemen, bei denen im August durch einen Luftangriff 86 Zivilisten getötet wurden, keinerlei Reaktionen des außenpolitischen Sprechers der Linksfraktion zu hören waren.

Anfangs noch sehr auf den Iran fokussiert, wetterte er kräftig gegen jegliche Drohung an die Adresse Mahmoud Ahmadinejads. Natürlich nicht, ohne stetig die angebliche Bedrohung des Irans zu betonen. So schrieb Paech im Januar 2006 in einer Pressemitteilung: »[Der] Iran sieht sich einer ungewöhnlichen Bedrohung ausgesetzt. Das Land ist umgeben von drei Atommächten: Indien, Israel und Pakistan. Keines dieser Länder muss ähnliche Sanktionsdrohungen fürchten wie der Iran.« Ganz natürlich ließ er dabei die Tat­sache ausgeklammert, dass keines dieser Länder in regelmäßigen Abständen zur Vernichtung des Staates Israel aufruft – Ahmadinejad hingegen schon. Immer wieder gerne nutzt Paech auch das Völkerrecht, um seine Darstellungen zu legitimieren. Dabei konzentrierte er sich in vier Jahren »Raumschiff Bundestag« (Paech) auf den Nahen Osten und insbesondere auf Israel.
Der BAK Shalom, ein Arbeitskreis innerhalb der »Linken«, der sich als Plattform gegen Antisemitismus und Antizionismus versteht, protokollierte im April 2008 Paechs Auftritt bei einer Parteiveranstaltung in Berlin-Neukölln. Auf die Frage eines Anwesenden, warum israelische Siedler nicht von der Hamas angegriffen werden könnten, antwortete Paech dem Protokoll zufolge: »Frauen und Kinder, das ginge nicht, aber der Kampf gegen bewaffnete Siedler sei völkerrechtlich Notwehr.« Die Raketen der Hamas seien zudem »Neujahrsraketen« und nur eine »Logik der Eskalation« gewesen. Im Übrigen hätte die Hamas die Situation in Gaza verbessert. Nach seiner damaligen Aussage sei es dort, wo die Hamas regiere, »sauber und sicher«. Sein Wunsch sei daher »etwas mehr Mut gegenüber Israel in seiner Partei und Fraktion«. Partei und Fraktion folgten diesem Aufruf – jedoch nur teilweise. Gerade während der vorerst letzten militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas waren antizionistische Reflexe auch in den Reihen der »Linken« zu verzeichnen.

Die Zusammensetzung der neuen Linksfraktion ist trotzdem als äußerst heterogen einzuschätzen. Statt Norman Paech nehmen jetzt Leute wie beispielsweise Christine Buchholz, Mitglied des trotzkistischen Netzwerks Marx 21, im Bundestag Platz. Jene Buchholz, die sich während des Libanon-Kriegs 2006 mit der Hizbollah solidarisierte, indem sie in einem Interview behauptete: »Die Dämonisierung der Hizbollah ist Teil der ideologischen Kriegsführung. Die Linke sollte dabei nicht mitmachen.« Außerdem sagte sie: »Auf der anderen Seite stehen in diesem Konflikt die Hizbollah, die Friedensbewegung in Israel und die internationale Antikriegsbewegung. Das ist die Seite, auf der auch ich stehe.«

Es wäre falsch, wegen einiger Abgeordneter über die gesamte Fraktion zu urteilen. Neue Abgeordnete aus den pragmatischen und emanzipatorischen Flügeln der Partei, wie Caren Lay, Halina Wawzyniak oder Stefan Liebich, sind ebenso Mitglieder wie die den pseudoradikalen Flügeln zuzurechnende Sahra Wagenknecht oder eben Christine Buchholz. In der Gesamtheit lässt sich aber feststellen, dass der Realo-Flügel eine Mehrheit in der neuen Bundestagsfraktion besitzt. Trotzdem wird es – gerade im Zusammenhang mit dem Ziel der »Linken«, bis 2011 ein Programm zu entwickeln – interessant bleiben, inwiefern die neue Fraktionsführung ohne Oskar Lafontaine es schaffen wird, die Flügel auch in der Fraktion auf eine Linie zu bringen.
Norman Paech indes will unbedingt noch einmal in den Gaza-Streifen reisen. Zwar wollte er dies schon im August tun, aber, wie er auf einer seiner Parteiveranstaltungen als außenpolitischer Sprecher im August in München-Mitte-West mitteilte, Gregor Gysi hätte ihn persönlich darum gebeten, die Reise erst nach der Wahl anzutreten. Was Norman Paech im Gaza-Streifen möchte, ist nicht ganz klar. Jedenfalls würde er dort nicht mehr als außenpolitischer Sprecher der Fraktion auftreten können.
In einer seiner letzten Pressemitteilungen forderte er jedenfalls harte Konsequenzen für die »Kriegsverbrecher« des Gaza-Konflikts, wobei er das Kunststück fertigbrachte, mit keinem Wort die Hamas zu erwähnen. Zwar hätten sich Israel und »bewaffnete palästinensische Gruppen« schuldig gemacht, aber im Gegensatz zu Israel hätten die palästinensischen Behörden die Zusammenarbeit mit der Kommission nicht verweigert. Ganz bewusst spricht er hierbei nicht von der Hamas als antisemitischer Terrororganisation, sondern von »bewaffneten palästinensischen Gruppen«, was den Eindruck erweckt, es handle sich dabei nicht um organisierten oder strategisch geplanten islamistischen Terror.

Kritik am Bericht der UN-Kommission unter Richard Goldstone sucht man bei Paech vergebens. Kein Wort verliert er beispielsweise über die Anhörung der Anwohner aus Sderot vor der Kommission in Genf. »Goldstone ist während meiner Präsentation eingeschlafen, und keines der anderen Mitglieder der Kommission hat mir auch nur eine einzige Frage gestellt. Ich hatte das Gefühl, gegen eine Wand zu reden«, meint ein Bürger der Stadt. Zudem wurde der Beschuss Israels mit Tausenden Raketen vor dem vorerst letzten Gaza-Konflikt von der Kommission nur als Randnotiz erwähnt und mit der Bezeichnung »Vergeltungsmaßnahmen« relativiert. Dass deswegen alle EU-Staaten, die Schweiz und Japan die Einrichtung der Untersuchungskommission ablehnen, scheint Paech wenig zu interessieren. Aus diesem Bericht wäre aber der logische Schluss zu ziehen, dass die Uno einer dringenden Reform bedarf. Spätestens seit den wiederholten antisemitischen Äußerungen Ahmadinejads und dem vorerst letzten Auftritt von Gaddafi vor der UN-Vollversammlung sollte das auch Norman Paech klar geworden sein. Eine Pressemitteilung Paechs zum Auftritt Ahmadinejads oder zu Gaddafi gab es übrigens nicht.
Wer neuer außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der »Linken« wird, bleibt abzuwarten. Und ebenso, ob die- oder derjenige zukünftig mehr als nur das Thema Israel und Nahost-Konflikt auf der Tagesordnung haben wird und auch andere Missstände, beispielsweise in einer Institution wie der UN, kritisiert.