»Killen meint nicht Töten«

Diesen Donnerstag tritt der homophobe jamaikanische Dancehall-Star Sizzla in Berlin auf. Dagegen gibt es ­Protest. Die Jungle World sprach mit Pete Lilly von der Reggae-Zeitschrift Riddim, die das Konzert präsentiert.

Sizzla ruft in seinen Songs immer wieder zum Mord an Schwulen auf – ist das für euch ein Problem?

Ja. Das ist ein Problem. Aber mir ist es zu undifferenziert, wie Aktivisten aus der Schwulen- und Lesbenszene damit umgehen, die einfach die Nazikeule auspacken und sagen: Weg damit. Die jamaikanische Kultur lässt sich nicht so einfach mit unseren Vorstellungen von politischer Korrektheit beurteilen.

Ein Drittel der Deutschen gilt als homophob. Kann man also sagen, bei diesem Drittel gehört Homophobie zur Kultur?

Nein, hier würde ich das anders beurteilen. Hier hat man Zugang zur Bildung. Hier würde ich mehr von den Leuten erwarten.

Und in Jamaika muss man Homophobie tolerieren?

Nein, das wäre zu einfach. Aber man kann die Lyrics nicht so übersetzen, wie das hier gemacht wird. Vieles, was da martialisch ausgedrückt wird, ist anders gemeint: Wenn man da von Killen spricht, meint man nicht unbedingt Töten.

In Jamaika sind Morde an Schwulen tatsächlich weit verbreitet.

Die Homophobie der Gesellschaft wird nicht durch die Musik ausgelöst, die Musik spiegelt sie wider. Der Künstler gilt dort auch nicht als Genie, das dem Publikum sagt, wie es läuft, sondern transportiert einfach das, was das Publikum hören will.

Und das ist dann kein Problem?

Doch. Nur stelle ich mich nicht hin und sage, Jamaikaner, ihr müsst so und so sein. Das führt nur zu Trotzreaktionen. Dann heißt es, wir lassen uns doch nichts von Weißen vorschreiben.

Auch schwule Schwarze haben keine Lust, gelyncht zu werden.

Der Punkt ist, dass sich die Jamaikaner nicht vorschreiben lassen, wie sie mit dem Thema Homosexualtität umgehen sollen.

Um mal zur »Nazikeule« zu greifen: Die Deutschen wollten sich auch nicht sagen lassen, wie sie mit Juden umgehen sollen.

Ja. Stimmt. Was mich aber stört, ist, dass, wenn man keine Lust hat, mit der Keule zu kommen, sondern das differenzierter sieht, dass man dann immer selbst als homophob gilt.