Schön gelärmt

Lärm kann zärtlich sein. Das wussten die legendären Hüsker Dü nur zu gut, wie überhaupt so viele Bands des frühen US-Hardcore. Ihre kaputten Herzen versteckten Grant Hart und Bob Mould, die Vorreiter von Emo, hinter einer Mauer aus Gitarrenlärm. Die Japan­droids aus Vancouver gehen ähnlich vor. »Post-Nothing« prescht superstraight nach vorn und ist doch vor allem eines: ein wahres psychophysisches Fest aus roher Seelenenergie. Je brutaler es inszeniert wird, umso leidenschaftlicher und zärtlicher wirkt es.
Szenenwechsel. Das Elektronik-Label Warp ist gerade 20 geworden und feiert seinen Geburtstag mit diversen (Luxus-)Compilations. Wenn man sich erinnert, wie groß bei Warp immer auch der schöne Lärm geschrieben wurde, dann denkt man sich: Wie gut doch die Fuck Buttons mit ihrem neuen Album »Tarot Sport« dort untergebracht gewesen wären. Aber auch ATP ist ein Label für ausdrucksstarken, nachgerade zärtlichen Krach. Und was bei den Japandroids Feedback-Gitarren, Rumpelschlagzeug und dumpfe Produktion sind, ist bei unserm Duo aus Bristol der elektronische, dröhnend verzerrte Loop; ferner halbgerade Beats in der Tribal-Tradition sowie eine wuchtig tiefe, gleichermaßen schrill in die Ohren fahrende Produktion. Irgendwo hinter dieser phantastischen Wall of Sound sitzen die Melodien und lassen einen an die melancholische Schönheit erlöschender Sterne denken.

Japandroids: Post-Nothing. Polyvinyl/Cargo
Fuck Buttons: Tarot Sport. ATP/Indigo