Des Pater Nosters verbotene Spiele

Die Kirchennachrichten lesen sich gerade wie Romane des göttlichen Marquis und die Fußballnachrichten, als ob sie im Kalter-Bauer-Verlag erdacht würden: Züchtigung von Jungs, Demütigung und Missbrauch, sexuelle Nötigung von Schutzbefohlenen und Unparteiischen. Und an allem sollen alte Männer schuld sein, die gar nicht hätten schwul werden müssen, gäbe es das Zölibat nicht oder gäbe es wesentlich mehr Fußball-Schiedsrichterinnen.
Es geschieht dabei allerdings etwas Merkwürdiges: Je mehr Fälle bekannt werden, umso mehr verwischen sich die Grenzen. Missbrauch und Misshandlung gab und gibt es nicht nur in katholischen Klöstern, sondern auch in protestantischen, ja weltlichen Internaten, nicht nur an »Elitegymnasien«, sondern auch in stinknormalen Erziehungsheimen. Und wenn man noch länger nachforschte, stellte sich heraus, dass es eine Besetzungscouch nicht nur beim Fußball, sondern auch beim Film und in der Vorstandsetage der Großbank gibt. Ja, es sind an solchen Übergriffen nicht nur schwule Schweinepriester beteiligt, sondern auch heterosexuelle Dumpfnasen.
Es soll nämlich schon vorgekommen sein, dass ein verheirateter Mann, dem kein Gelübde den Geschlechtsverkehr untersagt hätte und dem es an Gelegenheiten nicht mangelte, sich an seiner Sekretärin oder seiner Tochter vergriffen hat. Das ist natürlich nicht so interessant wie die verbotenen Spiele in der Kammer von Pater Noster. Aber wenn selbst ausgevögelte Schnauzbärte so etwas tun, beschleicht einen ein böser Verdacht. Dann könnte es nämlich sein, dass auch Funktionäre, die jede Woche von einer andern Firma in ein Bordell eingeladen werden, oder verheiratete Priester nicht davor gefeit sind, sich an Schwächeren zu vergreifen. Und warum? Weil sie Stärkere sind.
Am Schwachen reizt ja nicht, dass er gut aussieht, sondern dass er schwach ist. Und an der Macht reizt den Mächtigen, dass ihr Missbrauch ungestraft bleibt. In der Regel. Man erinnere sich daran, dass im Fall Marc Dutroux, in dem es um weitaus grausigere Fälle als heuer in Deutschland geht, zwar vieles geklärt worden ist, aber nicht, ob nicht doch Opfer hohen Herren zugeführt worden sind. Leider starben alle Zeugen, die hier für Aufklärung hätten sorgen können, rechtzeitig. Normalerweise ist die Ermordung von Zeugen nicht vonnöten; Kinder wissen ohnehin nicht, was ihre Rechte sind.
Auch wenn das, was hinter Klostermauern passiert, seit Jahrhunderten die Phantasie der Pornographen angeregt hat, sind Macht und Pädagogik säkulare und schnöde Angelegenheiten. Und für manche empfindlichen Kinder ist die Schule auch dann die Hölle, wenn ihnen der Sportlehrer nicht in die Hose greift.