Dumme Steine

Die Nazis in Berlin haben seit einigen Monaten ein neues Hobby – sie werfen Steine. So haben sie in der vorigen Woche in Neukölln, Prenzlauer Berg, Reinickendorf und Kreuzberg wieder einmal einige Scheiben eingeworfen, in Kreuzberg etwa traf es die Kneipe »Tante Horst« sowie das auf linke Literatur spezialisierte »Anti-Quariat«, in Prenzlauer Berg, in der schicken Kastanienallee, wurden die Scheiben des gutsortierten linken Buchladens »Schwarze Risse« eingeworfen, in Reinickendorf die des Linken-Parteibüros, in Neukölln traf es – bereits zum dritten Mal – den eh sehr versteckt liegenden Chile-Freundschaftsverein »Salvador Allende«. Wie immer ist die Polizei nicht ganz davon überzeugt, dass ein politisches Motiv hinter all diesen Taten stehen könnte – es könnte sich ja auch um eine besonders aggressive Form der Kundenbeschwerde oder des Wählerprotestes handeln –, dennoch übergab sie den Fall vorsichtshalber ans Landeskriminalamt.
Was aber, so ist zu fragen, ist die tiefere Absicht hinter diesen Attacken? Macht sich darin die Wut der NPD wegen der ausbleibenden nationalen Erhebung Luft? Attackiert ein Rechtsextremer Buchläden, weil sie die einschlägigen Broschüren aus rechten Verlagen nicht feilbieten? Wollen die Steinewerfer am Ende gar nur Ärger machen? Anders als bei den Protesten gegen rechte Läden, die ja auch nicht immer ohne Sachschaden abgehen, dürfte der Effekt, den sich die Anti-Antifa erhofft, sich gar nicht einstellen. Denn zum einen sind die linken Initiativen und Läden nicht gewillt aufzugeben, zum anderen hat etwa der Chile-Freundschaftsverein wohl seit Jahren nicht mehr so viel, noch dazu wohlmeinende Presse gehabt wie in diesen Wochen. Er wird sich wohl sogar über Zulauf freuen dürfen, während der Hauswart von nebenan, dessen Gauleiter-Charakter noch keine politische konkrete Ausformung hat, sich wegen der vielen Arbeit, die ihm die Nazis machen, nun erst recht nicht mehr zur Stimmabgabe für NPD, DVU oder Republikaner entscheiden kann.