In den Tee gespuckt

»Wir sind gekommen, um unsere Regierung zurückzuerobern.« Mit diesen Worten feierte in der vergangenen Woche Rand Paul seinen deutlichen Sieg bei den Vorwahlen der Republikaner in Kentucky zur Bestimmung ihres Kandidaten für den US-Senat. Zugleich stellte sich der 47jährige Augenarzt, der über den von der Parteiprominenz unterstützten Mitbewerber Trey Grayson triumphierte, an die Spitze der an Einfluss gewinnenden rechtslibertären Bewegung. Hinter Paul auf der Tribüne stand nämlich sein betagter Vater Ron Paul, Kongressabgeordneter aus Texas und geistiger Ziehvater der Tea Party. Die inszenierte Staffelübergabe an den Filius schien perfekt.
Knapp eine Woche später wirkt Rand Paul allerdings schon angeschlagen. Kurz nach der Wahl verkündete er im landesweiten Fernsehen, dass er gegen einen zentralen Passus des Civil Rights Act von 1964 sei, der die Diskriminierung von Minderheiten durch private Unternehmen untersagt. Paul, ein Radikaler, der von rechts das Absterben des Staates propagiert, argumentierte, seine Ablehnung dürfe nicht als rassistisch verstanden werden, denn für die rechtslibertäre Bewegung seien allein Individuen der Maßstab für gesellschaftliches Handeln, weswegen sie soziale Konstrukte wie Rasse, Geschlecht oder Behinderung nicht anerkenne. Das Ideal der freien Assoziation von freien Bürgern verbiete die Einmischung des Staates in die Privatwirtschaft, auch wenn Unternehmen nachweislich afro-amerikanische Bürger diskriminieren würden.
Paul hat damit etwas in Frage gestellt, was als heilige Kuh in der modernen US-Politik gilt – die auf Antidiskriminierung begründeten Bürgerrechte –, und einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Selbst unter seinen Befürwortern bei den Republikanern und der Tea Party haben viele schnell das Weite gesucht – und nicht etwa, weil Paul seine Wahl zum Senator im Herbst aufs Spiel setzt, denn im traditionell rassistischen Kentucky kommt die Ablehnung des fast 50 Jahre alten Civil Rights Act sicherlich gut an. Vielmehr wurde Paul zum Verhängnis, dass er aussprach, was zwar Konsens unter den Rechten sein mag, aber niemals laut gesagt werden darf, sofern man außerhalb der ländlichen Regionen im Süden und Westen Wahlen gewinnen will. Denn so wird die ohnehin schlecht getarnte Absicht der Tea Party offenkundig, nicht nur die Regierung zurückerbobern, sondern sich auch vom »schwarzen Mann« zu befreien.