In Hamburg brennen teure Autos

Protzen mit Nebenwirkung

In Hamburg ereignet sich eine Serie von Brandanschlägen auf teure Autos. Die Ermittlungen der Polizei laufen bisher ins Leere, während der Bürgermeister Ole von Beust vor zunehmenden Unmut über die Reichen warnt.
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In Hamburg geht wieder einmal der Feuerteufel um. Des Nachts schleicht er durch die ruhigen Straßen und vergreift sich an Autos. Bereits im vergangenen Jahr wurden 185 Autos angezündet. Die damaligen Brandstifter waren schnell ausgemacht. In manchen Fällen waren es linke Autonome, in anderen einfach nur den Nervenkitzel suchende Jugendliche. Nun brennen erneut Autos in der Hansestadt. Seit Mitte März wurden etwa 60 Fahrzeuge angezündet, alle in Hamburger Nobelstadtteilen und fast ausnahmslos teure Luxuskarossen. Eine politische Motivation liegt also nahe. Nur die Vorgehensweise der Täter scheint die Polizei bei deren Einkreisung zu verunsichern. So waren die Hamburger Autonomen bislang leicht und eindeutig durch entsprechende Bekennerschreiben zu identifizieren. Auch in der Art und Weise der Brandstiftungen kann die Polizei, deren Sonderkommission jede Nacht mit 100 Beamten im Einsatz ist, keine Anhaltspunkte finden. Denn die Tatorte werden offenbar im voraus gut ausgesucht, alles weist auf gut geplante Aktionen hin. Zügellose Jugendliche, die sich in Kneipen erst den nötigen Mut antrinken, bevor sie zur lodernden Tat schreiten, scheiden somit wohl ebenfalls aus.

Für Ole von Beust, den Ersten Bürgermeister der Hansestadt, kommt diese neuerliche Brandserie zu einem schlechten Zeitpunkt. Noch vor kurzem brachte er im Gespräch mit der konservativen Welt die Meinung zum Ausdruck, »dass die Elite sich heute weniger fragt, welche Verantwortung sie hat«. Diese Schelte an den konservativen Hamburgern hatte in den bürgerlichen Stadtteilen für einigen Unmut gesorgt. Ausgerechnet der eigene CDU-Bürgermeister beschimpfe »die da oben« wie ein sozialdemokratisches Kellerkind. Der Grund für den Ärger des Bürgermeisters ist eine von Rechtsanwälten angeführte Bürgerbewegung, die die Abschaffung des Gymnasiums durch den CDU-geführten Senat befürchtet. An dieser Initiative des Bürgertums lässt sich sehr gut ablesen, wie sich die Bewohner der Villenviertel ihre Stadt vorstellen. Wer oben ist, soll oben bleiben, den anderen sollen die Aufstiegschancen verwehrt bleiben. Das Ziel der Bürgerinitiative »Wir wollen lernen« ist es, dem eigenen Nachwuchs den Zugang zu den gesellschaftlichen Schlüsselpositionen zu sichern. Unverkennbar ist in ihren Reihen die Angst, dass es Aufsteigern gelingen könnte, ihnen diese streitig zu machen. Von Beusts Vorwurf ist also nicht aus der Luft gegriffen.

Nun gesellt sich zu der Sorge um den Verbleib in der Oberschicht auch noch die Angst, der Pöbel könnte seinem Neid auf den mondänen Lebensstil Ausdruck verleihen. Von Beust rief deshalb unter anderem in einem Interview mit der Welt dazu auf, Reichtum nicht so offensichtlich zur Schau zu stellen. Die Wohlhabenden der Hansestadt, die »immer chrombeladenere Autos fahren« und »erbarmungslos ihren Reichtum zeigen«, sollten sich mäßigen.
Ole von Beust treibt dabei nicht die Sorge um den Bestand an Hamburger Nobelkarossen um, sondern die Befürchtung, auf den Straßen könnte sich möglicherweise eine Opposition bilden, die nicht aus den üblichen Verdächtigen besteht und die dem zunehmenden Unmut über die ungerechte Verteilung des Reichtums Ausdruck verleiht. Wenn der Bürgermeister in Konsequenz die Hamburger Oberschicht dazu aufruft, ihren Reichtum zu verstecken, dann soll so der seit langem befürchteten Diskussion über die Verteilung des verbliebenen Wohlstandes kein weiterer Vorschub geleistet werden.
Im Hamburger Abendblatt sagte von Beust: »Viele wollen nicht mehr die Gesamtzusammenhänge sehen.« Da hat er möglicherweise recht. Denn die Reaktionen der Wohlhabenden der Stadt zeigen, dass sie seine Sorgen nicht teilen. So bloggt der Besitzer eines angezündeten Porsches im Internet, dass er die Täter am liebsten »häuten und durch die Stadt ziehen« möchte. Und Spiegel online zufolge gibt es in den betroffenen Stadtteilen Überlegungen, eine Bürgerwehr aufzustellen. Statt über die Verteilungsfrage zu sprechen, rüstet die Hamburger Oberschicht lieber auf und übt sich in Rachephantasien.