Warum ich mir den neuen Godard nicht anschaue

Den Film »Film Socialisme«, den Jean-Luc Godard mit anderen gedreht hat, werde ich mir nicht anschauen. Ein Blogger schreibt, es komme ein Kriegsverbrecher darin vor, aber man wisse nicht, ob er ein Deutscher, ein Franzose oder ein US-Amerikaner sei. Ein »berühmter französischer Philosoph« wird ausgerechnet von Alain Badiou gespielt. Außerdem tritt ein »palästinensischer Botschafter« auf. Vielleicht ist es ein guter Film. Das ist mir egal geworden, denn mich widert Godard inzwischen an.
Jahrzehntelang hielt ich ihn für den einen Kino-Avantgardisten, den der Markt, jedenfalls bis in die Achtziger, gerade noch ertragen hat. Manchmal mochte ich seine Possen, »Bande à part« ist ein schöner Film. Aber mein Favorit war Godard nie. Dann sah ich »Vladimir et Rosa«.
»Vladimir et Rosa« ist ein Werk der »Gruppe Dsiga Wertow«, die Godard mit ein paar Genossen begründet hat. Der Film von 1970 bringt Agitprop, sehr derb, mal komisch, mal nicht. In einer Szene beschimpft Godard als »Vladimir Lénine« die Israelis als Nazis. Ich hielt das erst für Rollenprosa. Doch dann stellte ich fest, dass Godard bis ins hohe Alter so weitergeschimpft hat. Typisch dafür ist »JLG par JLG« (1995), ein Film, in dem er beweist, dass er um einer Pointe willen Meere von Blut zu durchqueren bereit ist. Die Stereofonie, heißt es darin, lasse sich ins Schema eines Davidsterns bringen. Das nach oben zeigende Dreieck stehe für das Projizieren (von Ton und anderem), das nach unten zeigende für das Reflektieren des Projizierten. Das Schema überträgt er kurzerhand auf die Geschichte. »Deutschland hat Israel projiziert, Israel hat diese Projektion reflektiert und sein Kreuz gefunden. Israel hat das palästinensische Volk projiziert, und das palästinensische Volk hat sein Kreuz getragen.«
Er verschränkt den Terror mit dem Banalen und das Jüdische mit dem Medialen, so wie er gern betont, Hollywood sei von »Gangstern« gegründet worden. Die Shoah wird in diesem Bonmot zu einem Reflex der Opfer, fast zu einer Einbildung. Den Juden bürdet er wie zum Hohn das christliche Kreuz auf, die Opfer werden ihm zu Tätern. Das sind selbst allesamt Projektionen, wenn auch vom Fettfilter der Esoterik verschleierte. Ähnliches kennt man von anderen Linksintellektuellen. Bei Godard tritt als Besonderheit hinzu, dass er sich die Vorliebe seiner großbürgerlichen Familie für Nazi-Kollaborateure wie Robert Brasillach bewahrt hat.
Ausgerechnet Bernard-Henri Lévy, the man they love to hate, hat vor einem Monat beteuert, Godard sei dennoch kein Antisemit. Aber muss ich herausfinden, ob er einer ist, wenn ich ihn eh abgeschmackt finde?