Selbstmord verboten

Terry Gou kann nachts nicht mehr ruhig schlafen. Der »verantwortungsbewusste Arbeitgeber«, als der er sich sieht, sorgt sich um das Wohl seiner Mitarbeiter. Die jungen Wanderarbeiter, die für seine Firma Foxconn in der chinesischen Sonderwirtschaftszone Shenzhen anheuern, sind keine abgestumpften Arbeiterbauern wie ihre Eltern mehr, weiß der chinesische Arbeitsrechtler Liu Kaiming. Weil sie mit der harten Arbeit in den Fabriken des taiwanesischen Unternehmers nicht zurechtkämen, stürzten sie sich nun reihenweise von den Dächern der fabrikeigenen Wohnheime in Shenzhen.
Dabei gibt sich Gous Firma solche Mühe: Die Schlafplätze sind kostenlos – sofern die Arbeiter nachweisen können, wann sie ihren Schlafsaal verlassen und betreten haben –, der Weg zur Arbeit ist kurz, und als ob es nicht schon kompliziert genug wäre, knapp 420 000 Arbeiter auf beschaulichen vier Quadratkilometern unterzubringen, soll Foxconn zwischen den Wohnheimen auch noch Freizeiteinrichtungen, Läden und Kantinen aufgebaut haben. Für ein besseres Feng Shui ließ der 59jährige Foxconn-Chef nun sogar alle Treppenaufgänge der Wohnheime nach außen vergittern und 1,5 Millionen Quadratmeter Auffangnetze um die Gebäude spannen.
Gou reagiert damit auf knapp ein Dutzend Suizidfälle, die sich allein in diesem Jahr bei Foxconn in Shenzhen ereignet haben. Darunter leidet das Image des Unternehmens, das Konzerne wie Apple, Sony und Intel mit Elektroteilen beliefert, zumal es seit 2007 schon des Öfteren wegen Selbstmorden in der Kritik stand. Beruhigend wirkt da immerhin die Ankündigung, dass Foxconn das Grundgehalt von 106 Euro um 20 Prozent anheben möchte, wenn das auch nichts mit den Selbstmorden zu habe, sondern schlicht mit dem gut laufenden Geschäft, wie Foxconn erklären ließ.
Gou, der zu den reichsten 150 Menschen der Welt zählt, kann sich nicht so recht erklären, warum manche Arbeiter lieber in den Tod springen, als für ihn zu arbeiten. Bei einer 72-Stundenwoche, einem Redeverbot bei der Arbeit und streng reglementierten Pausengängen dürften die Arbeiter eigentlich kaum auf dumme Gedanken kommen können. Zur Sicherheit lässt Foxconn aber die Arbeiter schon mal Verträge unterschreiben, mit denen sie sich verpflichten, keinen Selbstmord zu begehen.