Sehr Free

Los Angeles war ja nie das Zentrum aufregender elektronischer Musik. Selbst im HipHop tut sich in der einstigen Hochburg des Gangsta-Rap kaum noch Bemerkenswertes. Umso erstaunlicher ist ein Phänomen wie Flying Lotus. Hinter dem Künstlerpseudonym steckt der 27jährige Steven Ellison, Großneffe der berühmten Jazz­erin Alice Coltrane.
Was Flying Lotus macht, wird gelegentlich als Glitch-Hop bezeichnet. Auch so ein Begriff, der sich der Unschärfe aktueller musikalischer verdankt, was allerdings nicht negativ gemeint ist. »Cosmogramma« heißt das vierte ­Album, und Jazz – nicht zuletzt der Space-Jazz eines Sun Ra – ist nur einer von unzähligen Bausteinen dieses Grenzen sprengenden Sounds. Wir hören abgehackte und verschleppte House-Beats, zickige HipHop-Drum-Patterns, betont wacklige Dubstep- und Breakbeat-Elemente. Und darüber Sounds, geschichtet, verquirlt, in die Luft steigend. Es zirpt und quietscht und zwitschert und kreischt mehr oder weniger melodiös, vor allem immer sehr »free«. Dazu klappert Percussion wie die sprichwörtliche Mühle am rauschenden Bach. Flying Lotus genießt den Respekt von Kritikern und Musikerkollegen. Er ist neben Diplo, Scuba, Kode 9 oder Actress zweifellos einer der Beatbastler der Stunde. Thom Yorke, auch so ein offener Geist, liebt die Musik von Flying Lotus und singt ein paar Zeilen auf dem neuen Album. Aber »Cosmogramma« andauernd hören? Nein, das geht kaum. Dafür ist dieses extrem ambitionierte Durcheinander dann doch etwas zu selbstzweckhaft wild.

Flying Lotus: Cosmogramma (Warp/Rough Trade)