Protest gegen Sparmaßnahmen in Schleswig-Holstein

Protest mit Dannebrog

In Schleswig-Holstein häufen sich die Proteste gegen die Sparmaßnahmen der Landesregierung. Auch die dänische Minderheit macht gegen Kürzungen bei ihren Schulen mobil.

Monatelang hatte in Schleswig-Holstein eine »Haushaltsstrukturkommission« der Landesregierung Sparpläne ausgearbeitet, um die Neu­verschuldung des Landes bis 2020 auf Null zu bringen. CDU und FDP wollen dafür die Landesausgaben jährlich um etwa zehn Prozent – das entspricht 125 Millionen Euro – kürzen. Das Universitätsklinikum in Kiel und Lübeck, mit rund 11 000 Mitarbeitern größter Arbeitgeber im Norden, sollte privatisiert und das Medizinstudium in Lübeck ganz gestrichen werden. Dagegen regte sich nicht nur Protest bei den Beschäftigten, sondern auch beim Lübecker Stadtparlament, flankiert von einer lokalpatriotischen Kampagne der Lübecker Nachrichten. Björn Thoroe, Landtagsabgeordneter der Linkspartei, forderte im Namen seiner Partei die Landesregierung auf, »ihren Mor­gen­thau-Plan ad acta zu legen und damit eine weitere Zerstörung wissenschaftlichen Potentials und der industriellen Basis dieses Landes aufzugeben«. Vergangene Woche intervenierte schließlich Bundesbildungsministerin Annette Schavan: Sie sagte dem Land Mittel von jährlich 25 Millionen Euro zu – das entspricht der Summe, die in Kiel und Lübeck eingespart werden sollten.

Ende Juni gab es auch in den größeren Städten des einst zu Dänemark gehörenden Landesteils nördlich von Kiel ungewohnte Demonstrationen: Überall wehte der Dannebrog, die dänische Flagge. Mit zweisprachigen Parolen wie »Ohne Schulfinanzierung stirbt die Minderheit aus« protestierte die dänische Minderheit gegen die Sparpläne, die vorsehen, dass die Zuschüsse für dänische Schulen stärker gekürzt werden als die für deutsche. »Wir werden nicht hinnehmen, dass unsere Schulen ein Sonderopfer für die Sparpolitik leisten müssen«, erklärte Ende Juni auf einer Kundgebung in Flensburg vor rund 4 000 Teilnehmern die Landtagsabgeordnete Silke Hinrichsen vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der sich als politische Vertretung der dänischen Minderheit versteht.
Geplant ist, dass der Dänische Schulverein künftig pro Kind lediglich 85 Prozent dessen erhalten soll, was die Schulträger der öffentlichen deutschen Schulen für ein Kind bekommen. Dies bedeutet für die dänischen Schulen ein Minus von rund 4,7 Millionen Euro pro Jahr. Dagegen hat der Dänische Schulverein eine Kampagne begonnen, die an den 47 dänischen Schulen und 55 Kindergärten auf große Resonanz stößt: »Unsere Kinder sind auch 100 Prozent wert!« In Flensburg betonte Hinrichsen: »Wir werden nicht hinnehmen, dass unsere Kinder dem Land weniger wert sein sollen als die Kinder an öffentlichen Schulen.« Dem Dänischen Schulverein zufolge sind wegen der geplanten Einsparungen rund 20, vor allem auf dem Land gelegene Schulen von der Schließung bedroht. Hinrichsen äußerte die Befürchtung, »dass mit den kleinen Schulen auch noch die Existenzgrundlage der Minderheit im ländlichen Raum zerschlagen wird«. Auch Svend Johannsen, Leiter der Dänischen Gesamtschule Leck, zeigt kein Verständnis dafür, »dass Kinder im Allgemeinen und Kinder der Minderheit insbesondere für die politischen Versäumnisse einer Landesregierung bezahlen müssen«.

Den Kritikern schloss sich sogar der Vorsitzende des Regionalrats der dänischen Nachbarregion Syddanmark, Carl Holst, an: »Das geht nicht in einer Grenzregion mit Minderheiten auf beiden Seiten.« Holst verweist auf das 2007 vereinbarte Gleichheitsgebot, das die Schulen der dänischen Minderheit bei der Finanzierung den deutschen öffentlichen Schulen gleichstellt. Zuletzt wurde gar bekannt, dass Ministerpräsident Harry Carstensen (CDU) vom dänischen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen an die Gültigkeit internationaler Vereinbarungen zum Schutz der dänischen Minderheit erinnert wurde. Wie vergangene Woche die zweisprachige Tageszeitung Flensborg Avis berichtet, haben Schleswig-Holstein und Dänemark sich nun auf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Minderheitenfrage verständigt.