Die Heuschrecken drängen zur Kasse

Angela Merkel hat es geschafft: Kein Euro-Land in Juncker-Hand. Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker (siehe Seite 12) fand beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs nicht genug Unterstützung für seinen Vorschlag, gemeinsame europäische Staatsanleihen (Euro-Bonds) auszustellen. Es bleibt also dabei, dass sich für die »Rettung« etwa Griechenlands die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau zu einem geringen Zinssatz Geld ausleiht und es zu einem höheren, aber noch unter dem Marktniveau liegenden Zinssatz weiterverleiht. Helfen muss sich wieder lohnen. Es geht der Bundesregierung, die für diese Kredite bürgt, aber wohl gar nicht so sehr ums Geschäft. Euro-Bonds würden vielmehr den deutschen Einfluss mindern. Schließlich werden wir, wie Bild feststellt, von »verschwenderischen 26 Nachbarn« bedroht, von »Prassern«, deren Ziel es ist, dass »wir Deutsche wieder für ganz Europa blechen«. Da bedarf es einer eisernen Kanzlerin. »Ein Land wie Griechenland holt jetzt unter strengen Auflagen lang versäumte Reformen nach«, erläutert Merkel. »Die griechische Regierung zeigt dabei großen Mut und ich bin beeindruckt, wie sie die Bevölkerung bei diesen massiven Veränderungen mitnimmt.« Im Polizeigriff, wenn nötig.
»Alle Experten bestätigen, dass Griechenland und auch Irland die Schuldenlasten, also Zins und Tilgung, auf Dauer schultern können«, sagt Merkel. Eine statistische Erhebung würde wohl ergeben, dass Sätze, die mit »Alle Experten bestätigen« beginnen, meist mit höchst fragwürdigen Behauptungen enden. Andrew Bosomworth, Leiter des Portfoliomanagements beim Investmentkonzern Pimco, dürfte nach den üblichen Kriterien als Experte gelten. Er mahnt: »Die Politik darf nicht länger die Augen vor einer Staatspleite innerhalb der Europäischen Union verschließen.« Verluste seien bei Umschuldungen unvermeidlich, die von Merkel angekündigte Haftungsregelung für private Investoren aber soll erst ab Sommer 2013 gelten, das sei »viel zu spät«. Bosomworth, einer jener Manager, die man in Deutschland gerne »Heuschrecken« nennt, will umgehend zur Kasse gebeten werden, aber Merkel besteht darauf, den Bankern noch zweieinhalb Jahre lang alle Rechnungen zu bezahlen, genauer gesagt, bezahlen zu lassen. Schließlich hätten deutsche Banken einen Großteil der Verluste bei einer Umschuldung zu tragen. Merkels Spekulation, dass sich ungeachtet der von den Sparprogrammen verursachten Rezession die Staatseinnahmen der »Prasser« erhöhen werden und niemand merkt, dass die Europäische Zentralbank durch den Erwerb ansonsten unverkäuflicher Staatsanleihen zur Bad Bank wird, ist aber so waghalsig, dass sich nun der von Männern wie Bosomworth repräsentierte »Markt« zu Wort meldet.