Wolf im Cockpit

Das Eigenartige an der Autorenbiographie von Jürgen Ploog ist der Bruch mit dem Klischee. Beat-Poeten, so stellt man sich vor, sitzen bekifft in ihren Strandhäusern und hämmern ihre Texte in die Schreibmaschine. Jedenfalls steuern sie keine Flugzeuge im Linienverkehr der Lufthansa, wie Ploog (Jg. 1935) dies 33 Jahre getan hat. Zusammen mit Jörg Fauser und Carl Weissner gründete er die legendäre Literaturzeitschrift Gasoline 23, in der Stars wie Bourroughs, Kerouac und Ginsberg publiziert wurden. Seine in Nischenverlagen erschienenen Bücher wie »Cola-Hinterland« oder »Die Fickmaschine« sind heute zumeist vergriffen und vergessen. Noch unter den Außenseitern, als die sich die Beatpoeten – zumal die deutschsprachigen – definierten, blieb er Außenseiter. Eine Fangemeinde, wie Fauser sie postum fand, gibt es nicht.
Umso besser, dass sich mit dem Sic-Literaturverlag ein frisch geschlüpfter Independent-Verlag des Altmeisters angenommen hat. »Unterwegssein ist alles – Tagebuch Berlin-New York« handelt von Transitorten wie Flughäfen, Hotels, Bars und Badehäusern und davon, warum man solche Orte aufsucht. Auch ein schönes Berlin-Porträt der Nachwendezeit bekommt man geliefert. Leicht nostalgisch liest sich das schon. Dazu trägt auch die Selbststilisierung des Autors als Dandy bei. Doch auch die einsamsten Wölfe finden hin und wieder eine Begleitung. Dann ist es entweder die Hure oder die total patente Kumpelfreundin, die ihn ins nächste Restaurant begleitet. Wie gesagt: Ein bisschen retro ist das schon.

Jürgen Ploog: Unterwegssein ist alles – Tagebuch Berlin-New York. Sic-Literaturverlag, Aachen 2011, 160 Seiten, 19 Euro