Mit Ernst und Amtes Würden

Ohne mit der Wimper zu zucken Argumente vorzutragen, die offensichtlich so gut wie keinen Sinn ergeben, ist eine Stärke, die niemand so perfekt beherrscht wie Außenminister Guido Westerwelle. Da steht er vor den Kameras und behauptet ernsthaft immer wieder, Deutschland habe sich bei der Abstimmung über die Resolution 1 973 enthalten, weil man die Bundeswehr nicht nach Libyen schicken wolle. Nun weiß man, dass der Libyen-Resolution ziemlich viele Staaten zugestimmt haben und dass das Chaos im Kampf gegen Gaddafis Truppen wohl unermesslich wäre, wenn sie nun alle Soldaten nach Libyen schicken würden. Wenn also Westerwelle schon derartigen Schwachsinn mit unbewegter Faltenstirn vorzutragen im Stande ist, warum hat er nicht einfach mit der selben Miene tiefsten Ernstes behauptet, die Piloten der Bundeswehr seien derzeit leider zu dick, um ins Cockpit ihrer Kampfjets zu gelangen? Selbst das hätte er zumindest mimisch überzeugend zu verkünden gewusst. Die Bundesregierung hätte der Resolution zustimmen können und sich international jede Menge Ärger erspart.
Die Entscheidung Westerwelles ist daher erklärungsbedürftig. Früher fielen solche Erklärungen leicht. Einst hatte die Außenpolitik der FDP ein klares Ziel: der deutschen Wirtschaft zu dienen. Dass sie dafür immer wieder Despoten und Terroristen unterstützte, sofern es sich um potentielle Handelspartner oder deren Freunde handelte, war daher zumindest nachvollziehbar. Heute ist die Außenpolitik der FDP verwirrend intransparent. Versprach sich Westerwelle von der Enthaltung Deutschlands bei der Resolution 1 973 wirtschaftliche Vorteile für Deutschland? Hofft er, die »arabische Straße« werde früher oder später die internationale Intervention als imperalistische Aggression des Westens deuten, und Deutschland stehe dann fein da? Oder war unter den vielen Rüstungsgütern, die Deutschland in den vergangenen Jahren für 83,5 Millionen Euro an Gaddafi verkaufte, vielleicht gar eine Wunderwaffe, die es ihm erlaubt, binnen kürzester Zeit Deutschland wieder als attraktiver Handelspartner zur Verfügung zu stehen? Wer Westerwelle irgendein außenpolitisches Kalkül unterstellen will, muss schon verwegene Theorien schmieden. Die Realität ist dagegen einfacher: Wahrscheinlich ist der Mann genauso kopflos wie all jene Deutschen, die ihm jetzt parteiübergreifend zu seiner weisen Entscheidung gratulieren.