Das letzte Gefecht des Major Kong

Es gibt Menschen, die mögen die Grünen nicht, weil sie die Partei der kapitalistischen Modernisierung sind. Zu denen zähle ich. Dann gibt es Menschen, die ebenfalls die Grünen nicht mögen, weil sie die Partei der kapitalistischen Modernisierung sind, aber aus ganz anderen Gründen. Sie trauern der guten alten Zeit nach, als Jungs noch keine Schmetterlinge malen mussten und niemand wusste, was ein Migrationshintergrund ist. Diese Menschen merken, dass man ihnen die ideologische Führungsrolle, die sie beanspruchen, streitig macht. Eine Frauenquote zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, Photovoltaik statt Atomkraft – die kapitalistische Vernunft wird nun anders definiert. Das regt die Phantasie an. »Man sieht sie schon am Horizont, die Konturen der schönen, neuen Welt – des deutschen Paradieses«, fabuliert Malte Lehming im Tagesspiegel. Es ist eine Welt, »in der riesige Windräder in jedem Stück Natur rotieren«, »bundesweit die Kitapflicht ab ein Jahr und die Gemeinschaftsschule verbindlich für alle eingeführt« und »die Hartz-IV-Leistung verdoppelt wurde«, »ein Thilo Sarrazin für seine Ansichten ins Gefängnis gesteckt« und »ein neuer gesetzlicher Feiertag zum ›Christopher Street Day‹ eingeführt wird«. Richard Wagner schreibt bei der »Achse des Guten«: »In Deutschland gab es immer schon eine Technik-Skepsis, aber es gab auch Zeiten einer großen Technikbegeisterung. Inzwischen ist es eine Technik-Feindlichkeit geworden.« Ein Atomkraftwerk ist eine Dampfmaschine, die mit einem sehr gefährlichen Brennstoff betrieben wird. Die Photovoltaik hingegen wandelt Sonnenlicht in Strom um, ein zweifellos innovativeres Prinzip. Zahlreiche Ingenieure arbeiten daran, diese Form der Energieerzeugung besser nutzbar zu machen. Da kommen die »Technikbegeisterten« daher und geißeln, wie Daniel Wetzel in der Welt, den »Irrsinn des Solarstroms«. Was das wieder kostet! Und wozu brauchen wir etwas Neues? Wir haben doch diese 40 Jahre alten Atomkraftwerke, die können noch 40 Jahre lang laufen. Dann braucht man auch keine riesigen Windräder, die einem die Sicht auf Hochspannungmasten und Autobahnbrücken versperren.
Gibt es eine Erklärung für diese offensichtlich irrationale Haltung? Vermutlich gilt diesen Leuten der Ausstieg aus der Atomkraft mit ihrer ultimativen Zerstörungskraft als Symbol für das Aussterben des echten Mannes. Da möchte man wenigstens eine Laufzeitverlängerung. Es ist wohl kein Zufall, dass Windrädern die gleiche Abneigung entgegengebracht wird wie dem Christopher Street Day. Windkraft und Sonnenenergie sind schwul, wenn da etwas schiefgeht, kann auch ein Mädel die Anlage reparieren. Die Atomkraft hingegen ist etwas für Männer, wenn da etwas schiefgeht, sind Helden gefragt, die den Tiger reiten, so wie einst Major Kong in »Dr. Seltsam« die Atombombe.