Über den »Ariernachweis« bei der Deutschen Burschenschaft

Ein echter Bursche bleibt sich treu

Der Versuch, einen »Ariernachweis« bei der Deutschen Burschenschaft einzuführen, hat einen Skandal erregt. Dabei entsprach er lediglich ihrem völkischen Selbstverständnis.

Unpassender hätte der Zeitpunkt für die Deutsche Burschenschaft (DB) nicht sein können. Kurz vor ihrem jährlichen »Burschentag« vergangene Woche in Eisenach war ein Antrag der »Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« öffentlich geworden, der den Ausschluss der Mannheimer Burschenschaft Hansea aus dem Dachverband forderte. Diese hatte einen Deutschen mit chinesischen Eltern in ihre Reihen aufgenommen. »Besonders in Zeiten fortschreitender Überfremdung« sei es »nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche nicht vom deutschen Stamm sind, in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen werden«, heißt es darin. Die Raczeks berufen sich auf ein Rechtsgutachten der DB aus dem vergangenen Jahr, das definiert, wer als »deutsch« zu gelten habe: »Maßgeblich ist die Abstammung«. Bedingung für die Aufnahme in die DB seien »familiäre Wurzeln schwerpunktmäßig im deutschen Siedlungsgebiet in der Mitte Europas« sowie in »Ost- und Südosteuropa«. Die Bonner Burschenschaft schlussfolgert in ihrem Antrag, dass nur deutsch sei, wer deutsch aussehe, da »nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung« hinwiesen. Der Mannheimer Bursche Kai Ming Au sei daher ein »Nichtdeutscher«.

Die öffentliche Empörung war zu Recht groß. Der Spiegel sprach von einem »Ariernachweis«, die Welt von einem »Rausschmiss wegen mangelndem Rassismus«. Dabei ist das völkische Selbstverständnis der DB keineswegs neu. Sie beruft sich bis heute auf den sogenannten volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff, was eine Umschreibung für das Festhalten an den Grenzen des Deutschen Reichs ist, inklusive Blut-und-Boden-Ideologie. Der »Skandal« liegt daher eigentlich nur in dem Versuch, das im DB ohnehin gültige Abstammungsprinzip praktisch anzuwenden. Aber selbst die den Burschenschaften nahe stehende rechte Wochenzeitung Junge Freiheit konnte mit solch offenem Rassismus wenig anfangen. Die Diskussion zeige, dass die DB »meilenweit davon entfernt ist, ein bedeutender politischer Faktor zu sein«, hieß es dort.
Stefan Dobner, Verbandssprecher der DB, sprach von »Rufmord«. Das Gutachten sei nicht rassistisch, sondern habe sich an dem bis 2000 gültigen Abstammungsprinzip im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht orientiert. Dieser berechtigte Hinweis auf das in Teilen noch immer gültige ius sanguinis macht deutlich, dass die völkische Weltanschauung der DB aus der Mitte der Gesellschaft kommt und keineswegs ein »extremes« Phänomen darstellt. Erstaunlich schnell und klar distanzierten sich aber auch die Neue Deutsche Burschenschaft sowie die Corps von der DB. Selbst ein »Alter Herr« der DB wurde im Spiegel mit den Worten zitiert: »Ich kann gar nicht so viel trinken, wie ich kotzen möchte«. Dass die Zusammenarbeit mit der DB beendet wird, ist jedoch nicht zu erwarten. Stattdessen können sich nun Verbindungen in Abgrenzung zur DB als weltoffen darstellen, indem sie ihre antidemokratischen »Traditionen« pflegen, ohne dabei offen rassistisch zu agieren.

Nach der öffentlichen Skandalisierung zogen die Raczeks den Antrag zurück. Ein neues, bereits verbindliches Gutachten soll der Taz zufolge Staatsangehörigkeit und Abstammung als gleichberechtigte Kriterien festlegen. Der Imageschaden wird bleiben. Der Eisenacher Bürgermeister Matthias Doht (SPD) hatte seine Begrüßungsrede beim Burschentag kurzfristig abgesagt, Juso-Vorsitzender Sascha Vogt will sich nun für einen Unvereinbarkeitsbeschluss bei der SPD einsetzen. In Eisenach selbst ist das Problembewusstsein offenbar geringer. Die Demonstration gegen den Burschentag, an der rund 400 Menschen teilnahmen, bestand großteils aus angereisten Antifas. Die Polizei machte durch exzessive Kontrollen und vereinzelte Festnahmen am Ende der Demonstration deutlich, dass Protest nicht erwünscht ist.