Elke Wittich freut sich schon auf den Unsinn, der 2012 verbreitet werden wird

Die große Prophezeiungspleite

Wie werden die Propheten des Weltuntergangs das Ausbleiben des Weltuntergangs erklären? Der Unsinn, der in diesem Jahr verbreitet werden wird, wird von bislang noch ungeahnter Qualität sein.

Es sind Rechnungen wie diese, die selbst bei gelassenen Menschen den Wunsch aufkommen lassen könnten, dass jetzt bitte bitte ganz schnell die Welt untergehen möge, damit das Elend endlich ein Ende habe: 11. 09. 2001 + 10. 03. 2011 ergibt nämlich gemäß Modellrechnungen, die von ausgewiesenen Additionskünstlern schon seit Monaten in diversen Verschwörungsforen verbreitetet werden, na, was wohl? Genau, den Weltuntergang, und zwar am 21. 12. 2012. Nun möchte man mit Menschen, die schon zu doof sind, festzustellen, dass 2001 und 2011 zusammengenommen nicht etwa 2012, sondern 4012 ergeben, eigentlich nicht einmal im gleichen Universum, geschweige denn auf einem vergleichsweise kleinen Planeten leben, aber es kommt noch schlimmer. Das zweite Datum steht nämlich nicht, wie so gern verbreitet wird, für die Atomkatastrophe in Fukushima, diese begann erst am 11. März vergangenen Jahres. Das passt nun dummerweise gar nicht ins Weltuntergangsszenario, denn natürlich kann so ein Erdenende nur an einem Datum stattfinden, das sich wirklich jeder merken kann – und da scheidet der 22. 12. 2012 selbstverständlich aus.

Trotzdem sollte man sich selbst an schlechten Tagen, also solchen mit Finanzamtsärger, Beziehungsstress, schlechtem Wetter, leerem Konto und ganz miesem Fernsehprogramm nicht dazu hinreißen lassen, vom großen finalen Rummsbummspeng zu träumen.

Die nächsten Monate versprechen nämlich ziemlich viel Spaß. Und das nicht nur, weil es ganz bestimmt viele neue Irrsinnsrechnungen geben wird, mit denen der Weltuntergang Woche für Woche neu bewiesen werden kann, um die Freunde der Apokalypse bei der Stange zu halten. Und auch nicht allein deswegen, weil es viel Spaß macht, sich die dämlichen Gesichter derjenigen, die unverdrossen das Ende der Erde prognostizierten, vorzustellen, wenn sie am 22. Dezember wach werden und feststellen müssen, dass alles noch da ist, und deswegen nun jede Menge Einkaufsstress ansteht. Wer an den Weltuntergang glaubt, wird nämlich ganz sicher weder Weihnachtgeschenke besorgt noch daran gedacht haben, dass die Feiertage gleich nach dem Wochenende beginnen, und einen entsprechend ungefüllten Kühlschrank besitzen.

Sich vorzustellen, wie die Verschwörungsdussels ihr Unglück zunächst nicht fassen können, macht schon Monate vor dem großen Nichtereignis viel Freude. Sich auszumalen, wie sie dann erst einmal ganz aufgeregt in ihren Spinnerforen beraten werden, was denn nun zu tun sei – ist vielleicht durch das Erdbeben in Japan, von den Mächtigen vertuscht, die Erdachse so dermaßen verrutscht, dass nun auch das Datum nicht mehr stimmt und die Welt erst am nächsten Tag untergeht? –, bevor sie dann doch resigniert losziehen, um Vorräte zu besorgen und anschließend all die ganzen Kleinigkeiten erledigen, die sie schon seit längerem einfach unterlassen hatten, unter Verweis darauf, dass es sich ja nun doch nicht mehr lohne, das Klo zu reparieren, die defekte Lampe auszutauschen oder den manchmal so unangenehm schmerzenden Zahn untersuchen zu lassen.

Und noch viel toller wird es, wenn diejenigen, die unverdrossen das Planeten-Aus prognostizierten, Erklärungen für das Ausbleiben des Endes abgeben müssen. Der Unsinn, der dann erst mit Hilfe von ausgesucht abwegigen Additionen, Subtraktionen und was sonst grad so zum gewünschten Ergebnis führen könnte verbreitet werden wird, wird von bislang noch ungeahnter Qualität sein, soviel steht mal fest.

Bedauerlicherweise wird die große Maya-Prophezeiungspleite allerdings nicht dazu führen, dass der nächste Quatsch dann zur Abwechslung mal nicht geglaubt wird. Aber das ist ein durchaus aushaltbares Problem, schließlich wird man in den nächsten Monaten viele Möglichkeiten bekommen, es im Idiotenignorieren zur Meisterschaft zu bringen. Und den Rest der Zeit kann man mit schönen Sachen verbringen: Mit Frühlingsspaziergängen und Sommerferien beispielsweise, Fußball-EM und Olympischen Spielen, und am Ende damit, das zweifellos sehr schicke Feuerwerk zu bestaunen, mit dem dann 2013 anfängt. Und dabei natürlich immer wieder mal auf den einschlägigen Websites nachsehen, was die Weltuntergangspropheten nun gerade wieder so treiben und ob sie mittlerweile nicht nur das Datum, sondern auch die korrekte Uhrzeit für den Big Bang ausgerechnet haben.

Aber halt – ist es nicht total gemein und irgendwie dazu auch noch sehr bösartig und deswegen ziemlich verachtenswert, wenn man über diese armen Menschen lacht, die das komplette Jahr 2012 damit verbringen werden, ängstlich auf den Weltuntergang hinzuleben? Nö.