Treu bis zum Putsch

Er ist noch keine vier Jahre im Amt, aber schon ein stolzer Rekordhalter. »Ich bin der dienstälteste demokratisch gewählte Premierminister in der Geschichte Pakistans«, rühmte sich Yousaf Raza Gilani. Der 59jährige von der Pakistanischen Volkspartei mag seinen Job. Bürgerkriegsähnliche Zustände, Versorgungsmiseren, kleptokratische Oligarchen, widerspenstige Generäle und außenpolitische Konflikte – all das kann einen Krisenmanager nicht schrecken. Man wächst an seinen Herausforderungen. Gäbe es nur nicht die lästigen Juristen am Obersten Gerichtshof.
Allen voran der Oberste Richter Iftikhar Mohammed Chaudhry, der sich vehement der gängigen Praxis der politischen Instrumentalisierung der Judikative durch die Machthaber widersetzt. Stattdessen pocht der Gerichtshof seit drei Jahren auf die Wiederaufnahme der Korruptionsprozesse gegen Präsident Asif Ali Zardari. Schrittweise wurden Zardaris Befugnisse beschnitten, damit hoffte die Regierung, die Wogen glätten zu können. Gilani profitierte davon, denn seine Macht wuchs dadurch. Trotzdem wandte er sich nie offen gegen seinen Mentor, der ihn bei seinem Sturz mitgerissen hätte. Er berief sich stets auf die Immunität des Präsidenten.
Nun droht Gilani doppeltes Ungemach: Zuerst eröffnete der Gerichtshof eine Untersuchung, die die Hintergründe eines ominösen Memorandums aufklären soll, in dem die US-Regierung angeblich um Unterstützung gegen einen drohenden Militärputsch gebeten worden war. Danach wurde ein Verfahren wegen langjähriger Missachtung höchstrichterlicher Weisungen eröffnet, was zu einer Amtsenthebung Gilanis und einer Haftstrafe führen kann. Zunächst wollte der Premierminister die Richter weiter hinhalten und ließ sich Mitte Januar lieber mit einer Zweidrittelmehrheit das Vertrauen der Nationalversammlung aussprechen. Schließlich trat er mitsamt seinen Ministern und Gefolgsleuten doch vor den Gerichtshof und lehnte erneut eine Aufhebung der Immunität Zardaris ab. Man vertagte die Verhandlung auf Anfang Februar. Richter Chaudhry bleibt hartnäckig, er legt sich gern mit den Mächtigen an, egal ob Offiziere oder korrupte Politiker – und das macht ihn äußerst populär. Sein Kampf gegen das Notstandsregime des Militärdiktators Pervez Musharraf erzeugte zum ersten Mal eine breite gesellschaft­liche Protestbewegung im Land. Bei einem Schuldspruch könnten die Richter das Militär zu einem »demokratischen Coup« auffordern.