Ein unmoralisches Aufgebot

Der Job von Simon Lokodo klingt edel: Der 54jährige ist seit Mai vergangenen Jahres Minister für »Ethik und Integrität« in der ugandischen Regierung. Zuvor war das Mitglied der Partei National Resistance Movement Industrie- und Technologieminister. Als ehemaliger katholischer Priester nimmt er seinen neuen Posten sehr ernst und sorgt sich um das Wohlergehen seiner ugandischen Schäfchen. »Man kann Terroristen nicht erlauben, sich zu organisieren, um sein Land zu zerstören«, begründete er gegenüber der britischen Zeitung Guardian seinen derzeitigen Einsatz für die Wahrung von Moral und Anstand. Es ging aber nicht um die Vereitlung eines terroristischen Anschlags: Am Dienstag vergangener Woche ließ er ein Treffen der LGBT-Organisation »Freedom and Roam Uganda« in Entebbe von der Polizei stürmen und auflösen. Kasha Jacqueline Nabagesera, eine Organisatorin des Treffens, konnte noch rechtzeitig fliehen. Lokodo wollte sie wegen persönlicher Beleidigung festnehmen lassen – sie spreche, als »komme sie aus dem Busch«, und begehe »Hooliganismus«, lautete seine Begründung. Der katholische Fanatiker darf hingegen munter von einer LGBT-Verschwörung gegen die ugandische Bevölkerung phantasieren und homo-, bi- und transsexuelle Menschen beleidigen und kriminalisieren.
Zu Hilfe kommt ihm dabei nicht nur die weit verbreitete Homophobie, sondern auch die extrem diskriminierende Gesetzgebung in Uganda. Seit Anfang des Jahres debattiert das ugandische Parlament eine seit 2009 existierende Gesetzesvorlage, die von einem Parteikollegen Lokodos, dem Abgeordneten David Bahati, erneut eingebracht worden ist. Sie sieht vor, das Strafmaß für homosexuelle Handlungen in gewissen Fällen »schwerer Homosexualität« – damit ist unter anderem der Sex mit Minderjährigen oder HIV-Positiven gemeint – von 14 Jahren auf lebenslänglich zu erhöhen. Die ursprünglich vorgesehene Todesstrafe sei aber nicht mehr im Gespräch. Beruhigend ist dies keineswegs. Die bestehende Gesetzgebung ist bereits schlimm genug, und LGBT sind in Uganda täglich Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Vorwürfen, dass Homosexuelle in Polizeigewahrsam oft gefoltert würden, begegnet Lokodo mit der Aussage: »Wir haben nie Personen aufgrund dieser speziellen sexuellen Orientierung verletzt oder isoliert.« Der Minister hat eben ein ganz spezielles Verständnis von Ethik und Integrität.