Country-Idylle

Das Timing ist gut. Kurz vor dem Internationalen Frauentag am 8. März erhielten etwa 250 Chefredakteure, Verlage und Intendanten in Deutschland einen Brief, in dem eine Frauenquote von 30 Prozent für Führungspositionen in der Medienbranche gefordert wurde. Das Schreiben, das von etwa 350 Journalistinnen unterzeichnet ist, begann mit einem Zitat von Gabor Steinhart. Der Chefredakteur des Handelsblatts hatte über die »Kultur in den Wirtschafts- und Finanzzeitungen« gesagt: »Es riecht nach T-Bone-Steak, nach Countrymusik und nach Herrenwitz.« Der Anteil von Frauen in Führungsposten in den Redaktionen der Republik sei mit dem der 30 Dax-Vorstände vergleichbar, stellen die Unterzeichnerinnen fest. Ihrem Schreiben zufolge ist er sogar noch geringer als in den börsennotierten Unternehmen: Zwei Prozent der Chefredakteure von etwa 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen sind demnach Frauen, und auch die Nachrichtenmagazine werden fast ausschließlich von Männern geleitet. Der Deutsche Journalistenverband unterstützt die Forderung der Journalistinnen von ZDF, Spiegel, Zeit, Stern, Faz, Taz und zahlreichen anderen Zeitschriften und Magazinen. Der Chefredakteur des Spiegel, Georg Mascolo, hingegen nicht. Am Sonntagabend traf Mascolo im Rahmen seiner Diskussionsreihe »Was bewegt Deutschland?« auf Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Zum Thema Frauenquote stellte die Ministerin fest, Deutschland befinde sich »auf Augenhöhe mit Indien«. Mascolo hatte sich auf das Treffen natürlich vorbereitet, und präsentierte eine Statistik, derzufolge bereits 22,4 Prozent der leitenden Positionen in der Textredaktion des Magazins mit Frauen besetzt seien. Britta Sandberg, stellvertretende Leiterin des Spiegel-Auslandsressorts, nannte hingegen eine Zahl von 15,3 Prozent. Der Spiegel-Autor Matthias Matussek sprach einmal von »300 testosterongesteuerten Bullen«, die er in der Redaktion ausmachte. Diese texanisch anmutende Idylle bleibt wohl erhalten.