Präsidenten! Preiset Priester!

Einen Medienpreis darf man sich vorstellen wie einen Film- oder Fernsehpreis – irgendwas mit Medien eben. Verliehen wird diese Buchregalstütze von einer Firma namens »Media Control«. Diese wiederum darf man sich nicht so vorstellen, wie sie klingt. Selbstverständlich will niemand die Medien kontrollieren (die ließen das ja auch nie zu!), sondern es handelt sich um die von den Hitparaden bekannte Firma, die die Charts ermittelt, eine Art »Forschungsgruppe Wahlen« für Musik also.
Seit 1992 vergibt Media Control den Deutschen Medienpreis, und ähnlich wie bei der Goldenen Henne oder der Goldenen Kamera ist jede Person, die nur lange genug ihr Gesicht in die Öffentlichkeit hält, einmal an der Reihe: Nelson Mandela, Bono, Bill Clinton, Angela Merkel, Königin Silvia von Schweden, Gerhard Schröder, Königin Rania von Jordanien, Kofi Annan, Hillary Clinton, König Juan Carlos von Spanien, Andre Agassi und Steffi Graf und selbstverständlich der Dalai Lama. Anscheinend wurden nur Blacky Fuchsberger und Wolfgang Bosbach bislang übersehen.
In diesem Jahr war es unter anderem ein Dr. Mitri Raheb, der medial gepriesen wurde. Raheb ist evangelischer Pastor in Bethlehem und macht, was außer ihm wohl in der ganzen Region niemand macht: Er setzt sich »trotz vieler Rückschläge und Bedrohungen für die Verständigung von Christen, Moslems und Juden ein«. Ob er damit eine Person ist, »die im vergangenen Jahr herausragende Bedeutung in den Medien hatte«, wie es in der Begründung des Preises heißt, sei dahingestellt. Aber das Zeug zur Bedeutung hat der Pfarrer allemal. Nicht etwa deswegen, weil es die »ganze Infrastruktur von Schulen, Gesundheitszentren und Begegnungsstätten« kaum gibt, die er Media Control zufolge geschaffen haben soll. Schon eher, weil er 2010 wissen ließ, es gebe zwar eine gemeinsame DNA von König David, Jesus Christus und ihm selbst, diese fände sich jedoch nicht bei Benamin Netanyahu, dem israelischen Ministerpräsident. Daher seien die heutigen Palästinenserinnen und Palästinenser die wahren Israeliten, und der Staat Israel etwas Ähnliches wie die römische Besatzungsmacht, die schließlich Jesus auf dem Gewissen habe.
Mit dieser sehr originellen Variante der These, Judenseien Christusmörder, zieht Raheb zu Recht mediale Aufmerksamkeit auf sich. Zumal als sein Laudator ein echter Veteran der – in Krisenzeiten ziemlich angewachsenen – bundespräsidentiellen Reservearmee aufgelaufen war: Roman »Ruck« Herzog. Weil er sich nicht in eine Auseinandersetzung kleiner christlicher und jüdischer Gruppen einmischen wolle, sagte Herzog am Freitag zur Kritik an der Verleihung, er halte bloß seine Laudatio. Da will man doch lieber Bushidos Integrations-Bambi wiederhaben!