Das Buch »Dumm kickt gut«

Trendsportart Fakten schaffen

Das Buch »Dumm kickt gut« entkräftet 45 populäre Irrtümer übers Sporttreiben.

Das Lästigste an Freizeitsportlern ist gar nicht so sehr, dass man immer, wenn man ihnen irgendwo begegnet, ein schlechtes Gewissen bekommt, weil man beispielsweise faul im Park herumliegt, statt ihn dreimal joggend zu umrunden. Und auch der unweigerlich alle zwei Jahre einsetzende Rummel um die jeweils neuentdeckte ab-so-lut superschicke neue Trendsportart, die diesmal aber wirklich zu Traumfigur, erfülltem Leben und Weltfrieden führen wird, wenn man sie nur regelmäßig und selbstverständlich in die dazugehörige Trendsportart-Bekleidung gehüllt betreibt, lässt sich erstaunlich gut ignorieren.
Was dagegen gar nicht geht: Hobbysportlern zuzuhören, die gleichzeitig keine Ahnung und eine ausgeprägte Abneigung gegen Fakten haben. Denn dann bekommt man sie präsentiert, die ganze Bandbreite der Ammenmärchen rund um Bewegung, Ernährung und Gesundheit. Dazu gehört das sture Beharren darauf, dass Vegetarier weniger leistungsfähig sind als Fleischesser, Schwitzen ein Zeichen von Untrainiertheit ist, Rückenschmerzen durch Rückenschule vermieden werden können und natürlich auch, dass Sport, insbesondere Joggen schlank, macht.
Alles gar nicht wahr, wie Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule, und der Journalist und Autor Peter Großmann in ihrem Buch »Dumm kickt gut« akribisch erklären. Zum Beispiel Nordic Walking (das ist diese nicht enden wollende Pest mit den Skistöcken). Vor einigen Jahren konnte man praktisch keine Zeitschrift aufschlagen, ohne lange Berichte vorzufinden, in denen die neue Sportart als Allheilmittel gegen praktisch jedes Gelenkgebrechen dieser Welt angepriesen wurde. Wirklich schlecht ist das Nordic Walking auch nicht, erklären die Autoren, vorausgesetzt, man macht sich die Mühe, die Stocktechnik auch umfassend zu erlernen und nicht etwa – wie es ganz viele der durch die Parks der Republik Marschierenden tun – mit ebenso viel Nachdruck wie Unkenntnis loszulaufen.
Hmmm, dann vielleicht lieber Schwimmen, ist ja so gesund? Nicht für jeden: Wegen des gesteigerten Sauerstoffbedarfs des Herzens sollten Menschen, die an koronaren Erkrankungen leiden, nur nach vorheriger Beratung mit ihrem Arzt im Wasser trainieren. Und für Personen mit Knie- oder Rückenproblemen ist das Brustschwimmen nicht geeignet, auch wenn das noch heute oft in Zeitschriften als superschonender Stil verkauft wird.
Auch zum Thema Ernährung haben viele Freizeitsportler sehr ausgeprägte Ansichten – die jedoch nicht immer mit wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmen, wie das Beispiel der teuren Spezialgetränke zeigt, von denen Ernährungswissenschaftler so rein gar nichts halten. Überraschenderweise kommt aber auch die Apfelschorle, die so lange als preisgünstige Alternative zum linksrechtsdrehenden isotonischen Quatsch galt, im Buch gar nicht gut weg: Zu viel Zucker, lautet das Urteil der Autoren, in den meisten Fällen reicht Wasser vollkommen aus.
Aber was ist denn nun mit den Fußballern, kickt dumm etwa auch nicht gut? Im Fußballkapitel heißt es dazu: Nein. Warum, das muss man schon selber nachlesen. Und dann erfährt man auch, warum Trainerentlassungen nicht vor dem Abstieg schützen und der Gefoulte ruhig selbst zum Elfmeter antreten kann.

Ingo Froböse/Peter Großmann: Dumm kickt gut und 44 andere Sportirrtümer, Bastei Lübbe, Köln 2012, 300 Seiten, 7, 90 Euro