In der Höhle des Löwen

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Hinter dem Podium wird zehn Minuten lang ein Titelblatt der Jungle World eingeblendet, dann zehn Minuten lang ein Zitat von mir über die links-jihadistische Querfront. Doch nein, ich befinde mich nicht auf einer Veranstaltung unserer kleinen Wochenzeitung. Ganz im Gegenteil: Die Einblendungen auf der Leinwand sind als Warnung gedacht. Davor sitzt eine Stirnbandträgerin namens Susann Witt-Stahl, Journalistin und Aktivistin einer antizionistischen Tierrechtstruppe aus Hamburg, und versucht zu erklären, weshalb Anders Breivik vor allem ein Neoliberaler sei. Sein Rassismus handle nämlich davon, wie Einwanderer zur Verfügungsmasse des Kapitals gemacht würden. Während ich grübele, was die junge Frau meint, und ob sie über denselben Breivik spricht, von dem ich gehört habe, hat bereits das zweite Podiumsmitglied das Wort ergriffen. Sabine Schiffer, die ein im Wesentlichen aus ihr selbst bestehendes »Institut für Medienverantwortung« in Erlangen betreibt, spricht über Islamophobie und warum das Rassismus sei. Rassismus mache sich nicht an Menschenrassen fest, sondern es gebe ja auch Rassismus gegen alte Menschen, wie gerade der Fall Günter Grass gezeigt habe. Islamophobie könne daher jeden treffen: »Ich werde selbst Opfer der Islamophobie, wenn ich so rede, wie ich rede«, klagt sie. Der Rest der Veranstaltung ist ebenso wirr und konfus. Breivik, BAK Shalom, Neocons, Neoliberale, Jungle World, Antideutsche, die English Defence League und die Bertelsmann-Stiftung – alles wird zusammenhangslos einfach in den Raum geworfen.
Dort im Ladenlokal der Jungen Welt hat mich am Dienstag voriger Woche in Berlin von den 50 bis 60 Besuchern aber zum Glück niemand erkannt. Ein Drittel der Gäste ist über 70, ein weiteres über 40, der Rest sind junge Antifas. Auch Professor Heinrich Fink von der VVN/BdA war fürs Podium angekündigt, hat sich aber leider krankgemeldet. So erfuhren wir nicht, was er denkt über was auch immer das Thema des Abends sein sollte. Schade.