Schluss mit lustig

Seine politischen Gegner sind sich einig: Beppe Grillo ist antipolitisch, populistisch, demagogisch, ein gefährlicher Anstifter, einer wie Goebbels. Doch viele, die ihn heute als barbarischen Narren beschimpfen, begeisterten sich einst selbst für den Starkomiker. Erst seit er seine Marionettentruppe »Fünf-Sterne-Bewegung« auf die politische Bühne schickte und sie Anfang Mai bei den Kommunalwahlen in Norditalien fast überall zweitstärkste Partei wurde, ist der Spaß vorbei. Grillo verdankt seine Popularität dem Fernsehen. In den achtziger Jahren trat er in verschiedenen Sendungen als Satiriker auf, reich und berühmt wurde er aber vor allem mit einem Werbespot für Joghurt. Die TV-Studios waren ihm bald zu eng, er suchte den direkten Kontakt zum »Volk«. Seit einigen Jahren tritt er nur noch in Theatern und auf offenen Plätzen auf. Früher als seine heutigen Kritiker entdeckte Grillo das Internet als ideales Propagandaportal. Das Magazin Forbes kürte ihn zu einem der international bedeutendsten Blogger, nahezu jeder seiner Einträge wird mittlerweile von den italienischen Presseagenturen zur Nachricht von nationaler Bedeutung aufgewertet.
Der Wählerzuspruch kommt nicht überraschend: Nachdem die Inszenierung des selbsternannten Komödianten Silvio Berlusconi im Herbst abgesetzt wurde und die folkloristischen Auftritte seines Koalitionspartners Umberto Bossi im Frühjahr infolge familiärer Skandale ebenfalls abgesagt werden mussten, bot Grillo der rechten Wählerklientel ein unterhaltsames Ersatzprogramm. Mit den fünf Sternchen seines politischen Programms – Erhaltung der öffentlichen Wasserversorgung, Ausbau des Nahverkehrsnetzes, Schaffung von Internetzugängen, nachhaltiges Wachstum und Umweltschutz – langweilte er sein Publikum nur selten. Stattdessen brachte Grillo die Massen mit zotigen Sprüchen und homophoben Witzen in Stimmung. Von seinen Anhängern, den sogenannten »Grillini«, frenetisch umjubelt, präsentierte er seinen immer gleichen, ebenso reaktionären wie moralistischen Monolog gegen die »Politikerkaste«. Außerdem erklärte er die Staatsbürgerschaft für Kinder von Migranten für »sinnlos« und schürte nationalistische antieuropäische Ressentiments, indem er den Ausstieg Italiens aus dem Euro propagierte. Dass Grillo mit seinen Hasstiraden weiterhin auch vermeintlich Linke für sich begeistert, offenbart das ganze Ausmaß der Verrohung und Borniertheit der italienischen Gesellschaft.