Grass’ Fußtruppe

Der jährliche al-Quds-Marsch in Berlin wirkt, als sei er den Albträumen von israelsolidarischen Linken entsprungen. Seit 1996 wird Jahr für Jahr für die Eroberung beziehungsweise »Befreiung« Jerusalems und die Vernichtung des jüdischen Staates demonstriert. Und so fanden sich auch am Samstag bis zu 1 000 Personen ein, um unter den Fahnen der libanesischen Terrororganisation Hizbollah über den Kurfürstendamm zu ziehen. Darunter Fans von Günter Grass, dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad und dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Ergänzt wurde dieser Kreis durch antiimperialistische Linke, die »patriotische« Rapperin Dee Ex und Demonstranten samt Deutschlandfahne. Die Demons­trationsleitung betonte, man wolle eine »friedliche Veranstaltung« und habe nichts gegen Juden. Dies schien allerdings nur für die zwei anwesenden Mitglieder einer antizionistischen jüdischen Sekte aus London zu gelten. Diverse antisemitische Klischees wurden skandiert und auf Schildern gezeigt, wobei freilich stets das Wort »Juden« durch »Zionisten« ersetzt wurde. Zu den beiden Gegenkundgebungen erschienen jeweils rund 200 Unterstützer. Sie konterten den Marsch der Gegenaufklärung mit Ironie: Aus dem Lautsprecherwagen dröhnte israelischer Trash-Pop und ein Demonstrant drohte den Islamisten mit der »Antisemitismuskeule«: einem blau-weißen aufblasbaren Hammer samt Davidstern. Was von der Friedfertigkeit der Antizionisten zu halten war, bekamen die Gegendemonstranten zu spüren. Wiederholt wurde – auch von Ordnern – versucht, ihnen Israelfahnen zu entreißen, es kam zu Rangeleien. Der Polizeisprecher nannte dies, wenig überraschend, »Provokationen von beiden Seiten«. Außerhalb der angemeldeten Veranstaltungen unterband das überforderte Großaufgebot der Polizei die Proteste, teilweise wurden Gegendemonstranten ruppig abgedrängt und deren Schilder und Fahnen beschädigt. Im Gegensatz zum spanischen und britischen Fernsehen waren deutsche Medien kaum vertreten.