»Noch ein langer Weg«

Anlässlich des Oktoberfests veröffentlichten die Bloggerinnen Kathy Meßmer und Lotte Steenbrink vor einigen Tagen im Internet Flyermotive gegen sexualisierte Gewalt, die zur Münchener »Wiesn« gehört wie Dirndl, Lederhose, Weißwurst und Bier. Die Flyer zeigen Lebkuchenherzen, auf denen in Zuckerguss die Slogans »I frog di«, »I glang di ned o!«, »I mog di, derf I?« und »Konsens-Spatzl« stehen. Lotte Steenbrink hat mit der Jungle World gesprochen.

Warum haben Sie die Flyer veröffentlicht?
Das Plakat der anerkannten Initiative »Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen« kursierte vor dem Fest in sozialen Netzwerken. Es ist uns negativ aufgefallen, weil darauf die Verantwortung für sexuelle Übergriffe auf die Opfer übertragen wird, die mit Verhaltenstipps belehrt werden. Nachdem Kathy dann schockiert von ihrem Oktoberfestbesuch zurückgekehrt war, wollten wir sowohl die Kräfte unterstützen, die gegen die Übergriffe arbeiten, als auch unsere Kritik an den Plakaten vermitteln. Daraus sind dann die Flyermotive entstanden.
Wie hat die Initiative reagiert?
Direkt geantwortet hat sie nicht, die hohe Arbeitsbelastung der Engagierten ließ das nicht zu. Wir wurden aber zustimmend auf einer Pressekonferenz zitiert. Nach dem Fest wollen wir zusammenarbeiten, andere Großveranstaltungen wie der Karneval stehen ja bevor.
Was wünschen Sie sich für das Oktoberfest im kommenden Jahr?
Ich würde mich freuen, wenn wir wieder sichtbar wären. Wir wären aber schon zufrieden, wenn die nächste Kampagne gegen sexualisierte Gewalt nicht opferzentriert ist.
Wie wurde Ihre Idee allgemein aufgenommen?
Leider können wir unsere Flyer nicht selbst verteilen, da wir in Berlin wohnen. Das Feedback im Internet war aber fast durchgehend positiv.
Wäre die Berliner »Biermeile« nicht auch reif für eine Intervention?
Eine sehr gute Idee, wird sofort notiert! Übergrifffrei wird es dort garantiert auch nicht zugehen.
In jüngster Zeit wird auch im Zuge der »Slutwalks« stärker über Definitionsmacht diskutiert. Sehen Sie das als Fortschritt?
Diese Diskussion beschränkt sich leider nach wie vor auf eine feministische Szene, die das Thema gerade neu für sich entdeckt und auch entdecken muss. Auch wenn der »Slutwalk« kritikwürdig ist, schafft er es, die Diskussion in breitere Personenkreise zu tragen. Solche Aktionen braucht es, damit irgendwann auch die Täter gezwungen sind, ihr Handeln zu reflektieren. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.