Eine Antifa-Punkband im Visier des Verfassungsschutzes

Das Amt mag keinen Fisch

Ist Punk noch gefährlich? Nach Ansicht des Verfassungsschutzes in Mecklenburg-Vorpommern verhält es sich offenbar so. Denn er warnt in seinem neuen Bericht vor der antifaschistischen Punk-Band Feine Sahne Fischfilet.

Die Auseinandersetzungen um die Anschläge von Oslo und Utøya sowie die Erkenntnisse über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) dürften »nicht den Blick auf die alltäglichen Herausforderungen durch den politischen Extremismus im Lande verstellen«, schreibt der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), in der Einleitung des aktuellen Verfassungsschutzberichts seines Bundeslands. Aufgabe des Landesamts für Verfassungsschutz sei es schließlich, so erfährt man ebenfalls in dem Bericht, »die Öffentlichkeit und die zuständigen Stellen« über »extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen« zu informieren, damit »rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren« getroffen werden können.

Und so geht es in dem 157 Seiten starken Papier, wie zu erwarten, um die NPD, freie Kameradschaften, »Nationale Sozialisten«, deren Treiben und organisiertes sowie subkulturelles Umfeld. Kurze Erwähnung findet auch die Vermutung, dass der NSU, der in Rostock einen Menschen tötete, Verbindungen nach Mecklenburg-Vorpommern gehabt haben könnte. So richtig sicher sind sich die Beamten jedoch nicht.
Selbstverständlich darf in einem solchen Dokument auch der sogenannte Linksextremismus nicht fehlen. So berichtet der Verfassungsschutz über 400 Personen in Mecklenburg-Vorpommern, deren Absicht es sei, »die bestehende freiheitliche demokratische Werteordnung zu beseitigen und ihr ein sozialistisches, kommunistisches oder anarchistisches System entgegenzusetzen«.
Neben solchen Darstellungen, deren Phrasen auch aus Verfassungsschutzberichten anderer Bundesländer bekannt sind, haben die Beamten in diesem Jahr allerdings einen ganz besonderen Leckerbissen zu bieten. Einer Punk-Band, deren Name wie ein Rezept von chefkoch.de klingt, widmen die Verfassungsschützer ganze zwei Seiten. Das ist immerhin doppelt so viel Platz, wie die Berichterstattung über »rechtsextreme Szeneläden« und den neonazistischen Versandhandel einnimmt.
Die Nennung von Feine Sahne Fischfilet, so der Name der Band, ist nach Ansicht des Verfassungsschutzes berechtigt. Auf Nachfrage der Jungle World betont Michael Teich, der Sprecher des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern: »Seitens des Verfassungsschutzes wird die Band im Gesamten als ›gewaltbefürwortend‹ und werden einzelne Mitglieder der Band sogar als ›gewaltbereit‹ eingestuft.« Die Begründung dafür ist, dass »ihr Auftreten in der Öffentlichkeit zumeist in Verbindung mit politischen Aktionen steht«. Diese Aktivitäten verfolgten, so Teich weiter, »verfassungsfeindliche Ziele«. Er führt in diesem Zusammenhang den Text eines Songs aus dem Jahr 2009 an. Dort heißt es: »Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen/Und schicken den Mob dann auf euch rauf/Die Bullenhelme – sie sollen fliegen/Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein/Und danach schicken wir euch nach Bayern/Denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.« Aus inhaltlichen und musikalischen Gründen spielt die Band nach eigenen Angaben das Lied seit mehr als zwei Jahren nicht mehr auf ihren Konzerten.

Zudem soll dem Verfassungsschutzbericht zufolge auf der Website der Band eine Bauanleitung für einen Molotow-Cocktail veröffentlicht worden sein. Darüber hinaus sei eine Album-Release-Party zu einem »Antifaschistischen Aktionstag« erklärt worden, die Band sei auf linken Solidaritätsveranstaltungen aufgetreten und habe auf Konzertplakaten das Logo »Good Night, White Pride« verwendet, berichten die Beamten.
Der Sänger von Feine Sahne Fischfilet, Künstlername Monchi, sagt im Gespräch mit der Jungle World, die Band sei insbesondere über den Vorwurf überrascht gewesen, sie habe auf der Homepage eine Bauanleitung für einen Molotow-Cocktail veröffentlicht. Nach einigem Überlegen seien die Musiker darauf gekommen, dass sich der Verfassungsschutz auf ein Plakat mit dem Slogan »Club Molli« bezogen habe. Dieses war im Frühjahr als satirischer Beitrag auf unterschiedlichen Blogs und als Printversion im Umlauf. Es zeigt ein abgewandeltes Logo des Getränks Club Mate, der »Club Molli« wird wegen seiner »hochwertigen Mischung aus brennbaren Stoffen« als »unvergessliches Erlebnis« für Straßenschlachten gepriesen. Die Band hatte einfach ein Bild von diesem Plakat verlinkt.
»Wir sind Antifas, die Mucke machen, und sind dementsprechend politisch«, sagt Monchi. »Das geht denen natürlich auf den Senkel. Ganz besonders auch, wenn wir bekannter werden.« Immer wieder habe es in den vergangenen Jahren Versuche gegeben, die Band zu kriminalisieren. Konzertveranstalter seien unter Druck gesetzt worden, geplante Auftritte abzusagen, es habe eine Anzeige wegen Volksverhetzung gegeben, die nach wenigen Wochen wieder zurückgezogen worden sei, zudem habe das Landeskriminalamt erfolglos versucht, ein Album der Band indizieren zu lassen.
Auch Nazis stören sich an der Band. So wurde der Bus der Musiker in der Vergangenheit angegriffen, an einem Konzertort wurde ein Anschlag mit Buttersäure verübt, auf Aufklebern zum Mord an Bandmitgliedern aufgerufen. Denn Feine Sahne Fischfilet spielen bevorzugt in Regionen, wo es ernsthafte Probleme mit Neonazis gibt, und unterstützen linke Gruppen.

Einschüchtern lassen sich die Musiker von alledem nicht. »Das alles bestätigt mich doch höchstens in meinem Denken, dass es notwendig ist, den Nazis einzuheizen. Und diese Sache mit dem Verfassungsschutz ist doch nur ein weiteres Beispiel dafür, dass dieser Apparat von keinem Menschen gebraucht wird«, sagt Monchi. Auch das Hamburger Label Audiolith, bei dem im November das neue Album »Scheitern und Verstehen« veröffentlicht wird, stellt sich hinter die Musiker. »Das Vorgehen des Verfassungsschutzes gegen eine antifaschistische Band und die Tatsachen, die über diesen Dienst in den letzten Monaten ans Licht gekommen sind, machen uns Angst vor diesen Leuten. Man muss sie in ihre Schranken weisen«, heißt es in einer Stellungnahme.