Die Suche nach Leben auf Exoplaneten

Life is life

Nur wenige der bislang außerhalb unseres Sonnensystems entdeckten Planeten liegen in der habitablen Zone. Doch nicht alle Lebensformen teilen unsere Vorstellungen von Lebensfreundlichkeit.

Der Run auf die Exoplaneten hat begonnen. Erst Anfang Januar verkündete die Nasa stolz, seit Februar 2012 mehr als 460 Planeten entdeckt zu haben, am 27. Januar wurden weitere 26 Planetenfunde bestätigt. Zurückzuführen ist die Entdeckungsflut auf den Satelliten Kepler. Als die Nasa mit dem Weltraumteleskop im Jahr 2009 einen ausgewiesenen »Planetenjäger« in die Erdumlaufbahn schickte, wusste niemand, wie erfolgreich die Mission sein würde, die nun bis mindestens Ende 2016 verlängert wurde. Sie kostet schätzungsweise 600 Millionen Dollar. Doch seit Missionsbeginn folgte eine Sensationsmeldung der nächsten, ein Exoplanet nach dem anderen wurde entdeckt. Immer kleinere, erdähnlichere Planeten konnten aufgespürt werden.
Exoplaneten sind Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Mit Hilfe einer ultrahochauflösenden Kamera fängt Kepler kleinste Lichtschwankungen und Positionsveränderungen von Sternen ein, die durch die gegenseitige Anziehung von Sonne und Planet während dessen Umrundung – wenn auch äußerst schwer messbar – entstehen. Beobachtbare Lichtschwankungen, etwa wenn ein Planet vor seiner Sonne vorbeizieht und ihn dabei minimal verdunkelt, werden »Transits« genannt. Bislang hat Kepler 13 000 transitähnliche Signale vermeldet. Fast wöchentlich konnten bedeutende Funde verzeichnet werden.
Doch damit nicht genug. Auch Rückschlüsse über die fremden Welten können Forscher ziehen, obwohl ihnen kein direkter Blick auf die Planeten möglich ist. Aus den Schwankungen der jeweiligen Sonne lassen sich Vermutungen über die Masse und die Entfernung ableiten, anhand des Lichts können auch Mutmaßungen über die Beschaffenheit der Planeten angestellt werden. Scheinen die Daten, die Kepler liefert, vielversprechend, werden zusätzliche Forschungsteleskope verwendet, um jene Daten zu untermauern. Das Ziel der Astronomen ist dabei klar: einen lebensfreundlichen Planeten zu finden.

Kepler hat die Annahme über die Häufigkeit von Planeten revolutioniert. Vor nicht allzu langer Zeit gingen Forscher von einer sehr geringen Anzahl von Planeten aus, unser Sonnensystem schien eine absolute Ausnahme zu sein. Heute nimmt man an, dass es mindestens 100 Milliarden Planeten in unserer Galaxie gibt, was die Chance, auch lebensfreundliche Planeten zu finden, stark erhöht. Das Astrophysical Journal berichtete anlässlich einer Tagung der American Astronomical Society, dass sich erdgroße Planeten und größere sogenannte Supererden um praktisch jeden Sonnentyp bilden können. Auch Systeme mit mehreren Planeten, die man zuvor für selten hielt, werden immer häufiger ausgemacht.
Die nachgewiesenen Planeten umrunden ihre Sonne meist in weniger als 100 Tagen. Unser Sonnensystem könnte damit als ein eher lahmer Außenseiter erscheinen. Während die Erde das bezeichnende Jahr für eine Umrundung benötigt, braucht der letzte Planet Neptun geschlagene 165 Jahre, die äußeren Zwergplaneten des Sonnensystems sind noch länger unterwegs. Merkur, der sonnennächste Planet, schafft es allerdings in 88 Tagen. Außerirdische Beobachter in einem anderen Sonnensystem, die unsere Methoden benutzen, würden vielleicht nur ihn entdecken können, denn die minimalen Abweichungen können bei sonnennahen Planeten leichter nachgewiesen werden.
Bis heute konnten durch die von Kepler ermittelten Daten bereits über 2 700 Planeten bestätigt werden. Die meisten von ihnen sind sogenannte Gasriesen, Planeten ohne feste Oberfläche mit immer dichter werdenden Gasschichten wie Jupiter, Saturn, Neptun und Uranus in unserem Sonnensystem. Über 1 200, und damit die größte Gruppe der mit Kepler entdeckten Planeten, besitzen die Größe von Neptun. Gasriesen von großer Masse sind für Kepler weitaus einfacher aufzuspüren als kleinere sogenannte Supererden oder erdgroße Planeten. Doch mit über 300 ist die Zahl der Entdeckungen in dieser Größenordnung zuletzt deutlich angestiegen.
Etwa 50 Planeten vermuten Forscher in der sogenannten habitablen Zone, in einem Abstand von der Sonne, in dem flüssiges Wasser möglich ist. Steven Vogt von der University of California stellte in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics fest, dass »unzählige Planeten von Erdgröße mit lebensfreundlichen Bedingungen in unserer Galaxie existieren«. Neben faszinierenden Welten wie dem Planeten 55 Cancri-e in rund 40 Lichtjahren Entfernung, in dessen Zusammensetzung Astronomen einen hohen Anteil an Diamant vermuten, oder Kepler-47c, einem Gasriesen in 4 900 Lichtjahren Entfernung, der ein Doppelsternsystem umkreist, was zuvor für kaum vorstellbar gehalten wurde, sind es jene habitablen Exoplaneten, nach denen die Forscher suchen.

Seit im August 2012 der kleinwagengroße Rover »Curiosity« im Rahmen der Nasa-Mission »Mars Science Laboratory« auf dem Mars landete, um dort unter anderem die Suche nach Wasser fortzusetzen, steht die Suche nach extraterrestrischen Leben wieder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dabei beschränkt sich die Suche nach Leben oder dessen Überresten bei weitem nicht mehr nur auf den Mars oder das Abhören des Himmels mit Radioteleskopen. Während dieses Seti-Programm (Search for Extraterrestrial Intelligence), das bereits in den sechziger Jahren begann, dezidiert intelligente Lebensformen sucht, die in der Lage sind, Signale zu senden, ist man in der Astrobiologie eher damit beschäftigt, nach kleinen Organismen zu suchen, die auch unter widrigsten Bedingungen überleben – zumindest erscheint die Suche nach solchen Lebensformen als eindeutig aussichtsreicher. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass in unserer näheren Um­gebung intelligentes Leben vorherrscht, das auch noch in der Lage wäre zu kommunizieren. Signale bewegen sich zwar mit Lichtgeschwindigkeit, jedoch hat alleine unsere Galaxie, die Milchstraße, ein Ausmaß von über 100 000 Lichtjahren. Im günstigsten Fall würde die Kommunikation mehrere Jahrzehnte oder Jahrhunderte dauern.
Mit dem Aufkommen der Astrobiologie in den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde das Verständnis über Leben in anderen Welten erweitert. Die Basis dafür lieferten meist Erkenntnisse von der Erde, auf der Leben in Regionen entdeckt wurde, die zuvor als absolut lebensfeindlich galten. Gerade die Tiefseeforschung und die Vulkanologie sind auch für Astrobiologen von entscheidendem Interesse. Mangels der direkten Erforschungsmöglichkeit ferner Welten sind die Schlüsse, die die Biologie auf der Erde zieht, von erheblicher Bedeutung.
Der Begriff der Habitabilität begrenzt sich meist auf erdähnliche Bedingungen. Nur wenige Planeten wurden bisher in der habitablen Zone bestätigt. In unserem Sonnensystem liegen Mars und Venus knapp außerhalb der habitablen Zone. Dennoch vermeldeten im April vergangenen Jahres Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Überlebensfähigkeit von irdischen Organismen, die auf der Erde ebenfalls unter extremen Bedingungen gedeihen, unter nachgestellten Marsbedingungen. In einem Simulationslabor zeigten Bakterien und Flechten demnach mehrere Tage weiterhin Aktivität. Was also ist möglich außerhalb der ausgemachten Habitabilität?

Als Lebensformen an sogenannten »Black Smokers« entdeckt wurden, hydrothermalen Quellen mit etwa 400 Grad heißem Wasser in einer Tiefe, in der unvorstellbarer Druck herrscht und in die kein Sonnenlicht vordringt, beflügelte das nicht zuletzt die Phantasie der Astrobiologen. Seit Jahren interessieren sie sich für den Jupitermond Europa, unter dessen Eispanzer man einen bis zu 100 Kilometer tiefen Ozean vermutet. Forscher sind der Überzeugung, dass die Verwerfungen und Furchen auf Europas Eispanzer, welche irdischen Eisfeldern außerordentlich ähnlich sind, ein Hinweis auf Kryovulkanismus (Kältevulkanismus) oder Geysire sein könnten. Durch die Gezeitenreibung während seiner Jupiterumrundung könnte der Kern Europas erwärmt sein. Ähnliche Tiefseeschlote wie auf der Erde könnten die Folge sein, und damit gäbe es eine Grundlage für die Entstehung einfacher Lebensformen.
Selbst über primitives Leben auf dem Saturnmond Titan, unter dessen Atmossphäre Flüsse und Seen aus Methan die Landschaft prägen, wird spekuliert, seit man dort Kohlenwasserstoffeis vermutet. In Folge dieser Tatsachen geraten die Gasriesen in anderen Planetensystemen ins Blickfeld der Planetologen. Die Tatsache, das sämtliche Gasriesen des Sonnensystems mehrere Monde aufweisen – allein Jupiter besitzt 67 –, lässt vermuten, dass Planeten dieser Art, die in der habitablen Zone ausgemacht wurden, von lebensfreundlichen Exomonden umkreist werden.
Den bisher am meisten versprechenden Fund brachten Göttinger Forscher im November 2012 zutage. HD 40307 g ist eine Supererde in nur 42 Lichtjahren Entfernung. Im Gespräch mit der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics sagte Guillem Anglada-Escudé vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen, dass es »keinen Grund« gebe, weshalb auf dem Planeten kein erdähnliches Klima herrschen sollte. Falls es dort intelligentes Leben gibt, das in der Lage wäre, Signale wie etwa die elektromagnetischen Wellen, mit denen unser Fernsehen ausgestrahlt wird beziehungsweise wurde, aufzufangen, kann man sich auch dort in knapp zwei Jahren den philosophischen Fragen »Wieso, weshalb, warum?« zuwenden. Dann nämlich erreichen den Planeten die ersten Folgen der Sesamstraße.