Yoram Kaniuks Roman »1948«

Kein Resümee

Yoram Kaniuk gehört zu den Großen der israelischen Literatur. 17 Romane hat er veröffentlicht, von denen nicht weniger als drei verfilmt wurden, dazu unzählige Kurzgeschichten und mehrere Kinderbücher. Er hat den begehrten Sapir-Preis erhalten und den Ehrendoktorhut der Universität Tel Aviv. Was kann da eigentlich noch kommen? 82 Jahre ist Kaniuk mittlerweile alt, er hat nicht nur mehrere Kriege überlebt, sondern vor einigen Jahren auch den Krebs und eine postoperative Infektion, die ihn für Monate ins Koma beförderte. Als er anschließend das autobiographische Werk »Zwischen Leben und Tod« veröffentlichte, dachten viele, das sei nun ein würdiger Abschluss, das Resümee eines erfüllten Lebens.

Aber Kaniuk wäre kein Schriftsteller, wenn er sich wie ein Schreiner oder ein Versicherungskaufmann nach getaner Arbeit zur Ruhe setzen könnte. Es drängt ihn, zu schreiben. Und so ist ein neues Buch entstanden, ein »Roman«, wie es auf dem Buchdeckel heißt. Diese Klassifizierung erstaunt, handelt es sich doch bei »1948« um die literarische Verarbeitung seiner persönlichen Erinnerungen an den isra­elischen Unabhängigkeitskrieg, an dem er als 17jähriger in der Spezialeinheit Palmach teilnahm. Doch auch die Form ist alles andere als gewöhnlich: Kaniuk reiht Erinnerungsfetzen aneinander, kleine Episoden, und springt im zeitlichen Ablauf munter hin und her. Und doch kommt am Ende eine ergreifende Geschichte heraus, die gleichzeitig fesselnd, verstörend und auf eine absurde Weise komisch ist.

Yoram Kaniuk: 1948. Roman. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Aufbau-Verlag, Berlin 2013, 248 Seiten, 19,99 Euro.