Aus alt mach neu

Liebe Leser, sicher haben sich auch bei Ihnen in den vergangenen Monaten große Mengen Altgold angesammelt. Sei es in alten Einmachgläsern oder unter der Spüle: Hat Gold einmal seinen Glanz, seine Griffigkeit verloren, liegt es in den meisten Haushalten stinkend in der Ecke, neben leeren Batterien und ungelesenen Exemplaren der Zeit. Der beliebte Speise- und Badezusatz, der aufgrund seiner hohen Plastizität auch hervorragend zum Versiegeln von Dübellöchern geeignet ist, hat eine unangenehme Tendenz, sich bei Nichtnutzung zum lästigen Platzverschwender zu entwickeln. Den meisten Deutschen ist der Weg zu den Wertmetallhöfen zu weit, so dass das verbrauchte Altgold sich stapelt und allmählich die Statik unserer schönen Altbauwohnungen bedroht. Viele Bürger gehen aus Faulheit dazu über, ausgediente Dublonen oder unmodisch gewordene Reliquienschreine im Hausmüll zu entsorgen – und erweisen unserer Umwelt damit natürlich einen (Gold-)Bärendienst. Dabei enthält Altgold wertvolle Edelmetalle, aus denen Wissenschaftler etwa Computerchips für die Krebsforschung herstellen können. Handeln Sie jetzt! Bestellen Sie einen der vielen privaten Altgoldrezyklierer zu sich nach Hause, die sich per Seriös-Visitenkarte im Briefkasten bei Ihnen vorstellen. Private Aurologen analysieren, ob die Goldmengen in Ihrem Haus eine Gesundheitsbelastung darstellen, das Feng Shui stören oder einen vermeidbaren Stressfaktor für Ihre Haustiere bedeuten. Auch schlimme Gold-Messies brauchen sich nicht zu schämen! Setzen Sie sinnloser Schatzbildung ein Ende und lassen Sie professionell entrümpeln – auf dass Sie wieder Luft zum Atmen im Gehirn haben.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.