Knapp vorbei am Frühling

An seiner Karriere hat Anwar Ibrahim gut gearbeitet, aber gegen die in Malaysia seit der Unabhängigkeit 1957 regierende Koalition Barisan Nasional (BN) kam er bislang nicht an. Bei den letzten Wahlen 2008 konnte sein Oppositionsbündnis Pakatan Rakyat, bestehend aus Keadilan Rakyat (PKR), der islamischen PAS und der Partei der chinesischen Minderheit DAP zwar unerwartet ein Drittel der Parlamentssitze und die Mehrheit in fünf von 13 Bundesstaaten gewinnen. Bei den Wahlen am vergangenen Sonntag hat es aber nur für 89 der 222 Sitze gereicht. Dabei hat der 65jährige Oppositionsführer einst selbst in der UMNO, der größten Partei der BN, angefangen und es sogar bis zum Finanzminister und Stellvertreter des ehemaligen Ministerpräsidenten Mahatir Mohamad geschafft. Mit diesem hatte sich Anwar aber Ende der neunziger Jahre während der Asienkrise überworfen. Anwar unterstützte die Rettungspläne des Internationalen Währungsfonds und die wirtschaftliche Liberalisierung, während Mahatir sich für Regulierung des Marktes aussprach. Außerdem prangerte Anwar die in Malaysia verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft an.
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: 1999 kam Anwar selbst wegen Korruption und Machtmissbrauchs sechs Jahre ins Gefängnis. In einem anderen, offenbar politisch motivierten Verfahren wurde er wegen in Malaysia verbotener homosexueller Handlungen angeklagt, 2004 jedoch vom Berufungsgericht freigesprochen. Im Juli 2008, kurz vor seinem politischen Comeback als Abgeordneter der PKR, wurde er erneut wegen angeblichen homosexuellen Sexes verhaftet, die Anklage wurde 2012 fallengelassen. Bereits im vorigen Jahr beteiligte er sich an den Protesten des Oppositionsbündnisses »Bersih« für freie Wahlen. Er hatte einen »malaysischen Frühling« und die Beendigung der Korruption versprochen. Dass ein »Frühling« nicht immer Emanzipation bedeutet, hat sich gezeigt, so hätte er also Wort halten können. Anwar steht für Wirtschaftsliberalismus, außerdem will er die Bevorzugung der Malayen gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen abschaffen. Homosexualität will der eher konservative Muslim nicht legalisieren, nur die Strafen reformieren. Antisemitische Verschwörungstheorien vertritt er ebenso wie andere führende malaysische Politiker. Immerhin wäre endlich eine andere Regierung an die Reihe gekommen, enttäuscht vom Wahlergebnis sind nun vor allem junge Menschen.