Lafontaine will die Rückkehr zur nationalen Währung

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Oskar Lafontaine fordert die Rückkehr zu D-Mark und Drachme.

Plötzlich ist er wieder da. Eine Zeitlang war es still geworden um Oskar Lafontaine, den ehemaligen Vorsitzenden der Linkspartei, nun hat er sich mit einem bizarren Vorschlag zu Wort gemeldet: Er will die nationalen Währungen zurück. Als »überzeugter Europäer« habe er zwar den Euro lange Jahre befürwortet, da er eine gemeinsame Wirtschaftspolitik in der Eurozone für möglich hielt. Doch dies sei »leider nicht eingetreten«, schreibt er auf seiner Homepage. Stattdessen seien in Südeuropa die Löhne und Ausgaben zu stark gestiegen, während in Deutschland ein massives Lohndumping betrieben worden sei. Ohne eine gemeinsame Lohn-, Sozial- und Steuerpolitik könne auf Dauer keine gemeinsame Währung funktionieren, die deutsche Sparpolitik ruiniere die meisten Staaten in der Eurozone. Mit seiner Diagnose hat Lafontaine zwar recht. Seine Schlussfolgerung ist jedoch erschreckend. Seiner Meinung nach sollen neben dem Euro wieder D-Mark, Lira und Drachme eingeführt werden. Gekoppelt an ein europäisches Wechselkurssystem könnten dann die Währungen auf- oder abgewertet werden. So wären Griechenland und Portugal bald wieder konkurrenzfähig, ohne weitere soziale Demütigungen erleiden zu müssen.
Als selbsternannter Weltökonom müsste Lafontaine eigentlich wissen, was von dieser »Lösung« zu halten ist. Löhne und Gehälter würden dann zum Beispiel in Drachmen ausgezahlt, die jedoch außerhalb Griechenlands fast wertlos blieben. Importe wären für die meisten Griechen unbezahlbar, während Deutsche und Niederländer in Korfu oder Athen zu paradiesischen Preisen Urlaub machen könnten. Die Einwohner der Verlie­rerstaaten würden in zwei Klassen aufgeteilt: in jene, die in der Lage sind, ihr Geld in eine starke Währung zu transformieren, und alle anderen, die mit ihren wertlosen Drachmen oder Escudos sehen müssen, wo sie bleiben. Das Erstaunlichste an dem Vorschlag ist jedoch, dass er überhaupt Diskussionen in der Linken provoziert. Schließlich ist die Idee alles andere als neu und wurde bereits propagiert – allerdings von einem anderen politischen Milieu. So hat Thomas Meyer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, im vorigen Jahr die Wirtschaftspresse aufgeschreckt, als er eine Parallelwährung für Griechenland, den »Geuro«, forderte. Der Wirtschaftsprofessor Wilhelm Kinkel berät mit dieser Idee das »Team Stronach«, die neue rechte Partei in Österreich. »Lafontaine vertritt nun genau das Konzept, das die Alternative für Deutschland vorgeschlagen hat«, befand auch AdF-Sprecher Bernd Lucke kürzlich.
Wegen der vielen Übereinstimmungen betont Lafontaine den angeblich fundamentalen Unterschied, der ihn von den rechten Euro-Gegnern trenne. Demnach will er mit einer strikten Kapitalkontrolle verhindern, dass massenhaft Geld aus dem Süden abgezogen wird. Dies mag auf einer kleinen Insel vielleicht noch funktionieren, nicht aber in einem Binnenraum mit über einer halben Milliarde Einwohner. So wird das alte Europa bald wieder auferstehen: mit Schlagbäumen und grimmigen Beamten dahinter. Offenbar fällt Lafontaine und seinen Freunden nichts mehr ein als die Flucht in die Vergangenheit. Ratlos angesichts der Krise suchen sie einen Ausweg, wo es keinen gibt: in den Grenzen der Nation. Vielleicht kann er auf diese Weise noch einige der zahlreichen Euro-Gegner für sich gewinnen. Die Aufmerksamkeit der Linken jedenfalls hat er schon.