Das Medium

Kein Papier ist auch keine Lösung

Nicht links, nicht rechts, sondern vorne und dabei auch noch totaaaal engagiert und transparent und überhaupt: Das alles sollte sie sein, die neue orangefarbene Partei, die vor ein paar Jahren gegründet wurde. Ein paar gewonnene und ein paar mehr verlorene Wahlen später zeigte sich, dass ein bisschen auf Twitter herumzunörgeln und in innerstädtischen Fußgängerzonen Tapeziertische aufzubauen nicht ganz für massenhafte Wählereuphorie reicht. Zumal dann nicht, wenn die Abgeordneten der Partei unermüdlich für Skandale und Skandälchen sorgen. Ein besonders putziger Eklat ereignete sich vor rund einem Jahr, als der NRW-Landtagsabgeordnete Robert Stein Gebühren für ein rund sechs Wochen zu spät zurückgebrachtes Stadtbücherei-Buch nicht zahlen wollte und auf offiziellem Briefpapier der Partei erklärte, die Mahnpraxis sei »unmenschlich«. Jetzt hat der Kreistag Waldeck-Frankenberg mit dem hippen Politik-2.0-Stil der Piraten zu tun bekommen: Sascha Brandhoff, politischer Geschäftsführer des Landesverbandes Hessen und Abgeordneter in besagtem Kreistag, hat offenbar keine Lust mehr auf die Volksvertreterei. Zu den letzten Sitzungen des waldeck-frankenbergschen Parlaments war er schon nicht mehr erschienen, was irgendwann dazu führte, dass man, also die Verwaltung, nach ihm suchte, um zu hören, was denn los sei. Und feststellte, dass der Mann weggezogen war. Per E-Mail teilte er dann mit, dass er sein Mandat niederlege – sein Nachrücker kann den freigewordenen Platz allerdings nicht besetzen, weil ein formelles Rücktrittschreiben erforderlich ist, auf das man in Waldeck-Dingens bislang vergebens wartete. Vielleicht kann dem unwilligen Abgeordneten ja Robert Stein ein bisschen offizielles NRW-Landtagsbriefpapier ausleihen.