Die WM der Island­pferde in Berlin

Töltender Exportschlager

Im August findet in Berlin die WM der Islandpferde statt.

Tribünen, Ausstellungsflächen, Wettkampf- und Trainingsbahnen, Gastronomie-Bereiche – seit 2011 wird das Gelände im Berliner Stadtteil Karlshorst für eine sportliche Großveranstaltung hergerichtet. 20 000 Gäste werden zur Islandpferde-Weltmeisterschaft vom 4. bis 11. August erwartet, die Sport- und Zuchtprüfungsveranstaltung bedeutet einen vorläufigen Höhepunkt der Begeisterung für diese Sportart.
Die aktuelle Statistik des Internationalen Verbandes der Islandpferde (FEIF) verzeichnet im Januar 2013 weltweit 250 424 registrierte Tiere, Tendenz steigend. Deutschland ist mit 24 000 Mitgliedern das mitgliederstärkste Land der FEIF und weist mit rund 65 000 Pferden nach Island die meisten Tiere des Verbands auf.
So mannigfaltig die Beziehungen zwischen Film, Fernsehen und Sport auch sind, aber dass ein einziger Film und ein TV-Serienklassiker aus den späten fünfziger Jahren eine ganze Sportart begründeten, dürfte einmalig sein. Seinen Anfang nahm der Islandpferdeboom mit »Die Mädels vom Immenhof«, einer Verfilmung des Romans »Dick und Dalli und die Ponys« von Ursula Bruns. Der Film war der Auftakt einer Serie, die bis in die siebziger Jahre hinein produziert und im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Im Mittelpunkt standen Ponys, die tatsächlich Islandpferde waren. Niedlich und zutraulich begleiteten sie die Immenhof-Ferienkinder durch die üblichen verzwickten Lebens- und Gefühlslagen.
»Rettet die Islandponys«, lautete der massenwirksame Aufruf von Ursula Bruns, kurz nachdem der Film zum Riesenerfolg geworden war. In Island galt das Pferd als Delikatesse, noch heute lassen sich im Internet Rezepte für »Fohlen-Carpaccio mit Knoblauch und Würsten« finden. Weil die Fans des Films es nicht hinnehmen wollten, dass ihre Lieblinge auf dem Teller landen sollten, begann der Import der Pferde.
Bereits im Jahr 874 wurden die Tiere aus Nordnorwegen exportiert, in Island wurden sie jedoch erst um 1200 heimisch und entwickelten sich zu einer eigenen Rasse.
Seither leben die Tiere im isländischen Hochland in großen Herdenverbänden. Die Pferde zeichnen sich durch ihre besonderen Gangarten aus, auch deshalb wird für Islandpferde eine eigene Weltmeisterschaft ausgerichtet. Neben den allen Pferden eigenen Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp beherrschen Islandpferde zusätzlich den sogenannten Tölt und den Pass. Islandpferde, die beide zusätzliche Gangarten beherrschen, werden »Fünfgänger« genannt. »Viergänger« beherrschen als zusätzliche Gangart nur den Tölt. Der Tölt ist ein Viertakt ohne Schwebephase, bei dem das Pferd abwechselnd ein oder zwei Hufe auf dem Boden hat. Deshalb ist der Tölt selbst in hohem Tempo erschütterungsfrei für den Reiter. Er kann von sehr langsam bis zu einem Tempo von 40 Kilometern pro Stunde geritten werden, dem Renntölt.
Die Gangart Pass, obwohl sie in den Zuchtzielen festgeschrieben, ist nicht angeboren. Im Pass fußen die gleichseitigen Beinpaare abwechselnd auf, dazwischen liegt eine Flugphase. Geritten wird der Pass nur im Renntempo über kurze Strecken. Der offizielle Weltrekord im Rennpass über die klassische Distanz von 250 Metern mit stehendem Start aus der Startbox liegt bei 21,84 Sekunden. Im Speedpass, bei dem nach fliegendem Start 100 Meter absolviert werden, liegt der Weltrekord bei 6,95 Sekunden.
Als »Islandpferd« anerkannt werden nur Tiere, deren Vorfahren lückenlos nach Island zurückverfolgt werden können. Islandpferde, die die Insel einmal verlassen haben, dürfen nicht wieder eingeführt werden. So sollen Krankheiten verhindert werden. Das aber stellt die isländische WM-Equipe vor eine ganz besondere Herausforderung: Jeder Wettbewerb außerhalb Islands ist für sie gleichzeitig eine Art Verkaufsshow. Bis zu 80 000 Euro wird für ein Spitzenpferd aus Island bezahlt. In Berlin dürften viele Pferde ihre Besitzer wechseln.