An die Leser I

N + 1. Newsweek: verkauft; Boston Globe: verkauft; diverse Printprodukte der Axel Springer AG: verkauft; Washington Post: gekauft von Jeff Bezos, dem Amazon-Gründer und New-Economy-Multimillionär, der sich nach schlechten Schlagzeilen einen Imagegewinn davon verspricht. Obwohl er Papier für ein Auslaufmodell hält: »In 20 Jahren wird es keine gedruckten Zeitungen mehr geben. Wenn doch, vielleicht als Luxusartikel, den sich bestimmte Hotels erlauben, als extravaganten Service für ihre Gäste. Gedruckte Tageszeitungen werden in 20 Jahren nicht mehr normal sein«, sagte er der Berliner Zeitung 2012. Das Umdenken im Mediengeschäft könnte bald eine Orchidee des Printmarkts auf dem Gewissen haben. Die Redaktion des US-amerikanischen Literatur- und Gesellschaftsmagazins N + 1 ruft in der neuen Ausgabe nach einem Engel, der die Publikation finanziell unterstützen könnte. Ist da draußen nicht irgendein Internetfuchs, der den Laden kaufen will? Es geht auch nur um dein Geld, versprochen.   oko
An die Leser II
Uwe Johnson. Ganz am Anfang heißt es: »Das Wort für die kurzen Wellen der Ostsee ist kabbelig gewesen«. Wer im Norden aufwuchs, dem ist dieses Wort vertraut. Uwe Johnson erzählt in der Roman-Tetralogie »Jahrestage« das Leben von Gesine Cresspahl und ihrer zehnjährigen Tochter Marie zwischen dem 20. August 1967 und dem 20. August 1968. Tag für Tag, knapp 2 000 Seiten über die Geschichte der Familie: New York, Mecklenburg, die Herrschaft der Nationalsozialisten, sowjetische Besatzungszone, DDR. Anlässlich Johnsons 80. Geburtstags sowie seines 30. Todestags im kommenden Jahr initiiert die Uwe-Johnson-Gesellschaft ein ambitioniertes Projekt. Ab 20. August 2013 werden Rostocker gesucht, um »Jahrestage« einzulesen. 366 Rostocker lesen 366 Tageskapitel, ab dem 19. August 2014 wird der Roman über ein Jahr hinweg täglich im Radio zu hören sein. Interessierte sind gebeten, sich zu melden. Was jemanden als waschechten Rostocker auszeichnet, ist zu klären mit der Johnson-Gesellschaft.   oko
Depp und Rock I
Lone Ranger. Johnny Depp liebt Schminke und Kostüm. Vor einem knappen Vierteljahrhundert trat er als Edward Scissorhands in Erscheinung, später gab er Willy Wonka in »Charlie and the Chocolate Factory«, den Hutmacher in »Alice in Wonderland«, Jack Sparrow in »Pirates of the Carribean« – Depp bleibt Depp: albern und ernst zugleich, witzig und melancholisch durchgeschossen. Einzig sein Make-up wird ausgetauscht. Um die Figuren überhaupt unterscheidbar zu machen. In dem Action-Western »Lone Ranger« lässt Gore Verbinski, der Regisseur von »Pirates of the Carribean«, Depp nun Tonto spielen, einen irren Native American an der Seite des maskierten Texas Ranger. Dass der Film seiner Aufgabe als Kassenfüller nicht nachkommt, weil Depp Tonto aufwertet und dem Lone Ranger, diesem legendären Fernseh- und Radiohelden, die Show stiehlt, ist nur eine mögliche Erklärung. Ein paar gute Witze sind drin. Aber witzig ist auch, dass Depp in fast allen Kostümen Keith Richards von The Rolling Stones ähnelt.   oko
Depp und Rock II
Die Zunge. »Finger weg von unserer Zunge!« So oder so ähnlich werden Mick Jagger und seine zerknitterten Kumpane reagiert haben, als die ausgestreckte rote Zunge plötzlich zu Werbezwecken eingesetzt werden sollte. Und zwar nicht von irgendwem, sondern von der deutschen Klamottenkette New Yorker. Für den Schlussverkauf. Ja, geht’s noch?! Bild zufolge musste die 150 000 Euro teure Kampagne bereits eingestellt, alle Plakate mussten abgehängt werden. H&M wäre das wahrscheinlich nicht passiert.   oko