Das Medium

Kleines Tier und großer Fehler

Warum Menschen sich mit Zeichen verzieren, die weder sie selbst noch ihr Umfeld zu ent­ziffern vermögen, ist ein großes Rätsel, das aber irgendwas mit dieser fernöstlichen Weisheit-Sache zu tun hat, die nach wie vor grassiert. Der Dalai Lama, Feng Shui, Gandhi, Sushi, Tofu und Kung Fu, irgendwie alles ziemlich hipp. Und weil diese Sache mit der fernöstlichen Weisheit ja auch noch ziemlich dekorativ ­aussieht, wenn sie in menschliche Haut gestochen wurde, wimmelt es in den Großstädten dieser Welt nur so vor lauter spazierengetragenen Schriftzeichen-Tattoos.
Der Blog »hanzismatter« hat es sich zur Aufgabe gemacht, Tätowierten zu erklären, was die kunstvollen Wortzeichen auf ihrer Haut bedeuten. Wer möchte, kann ein Tattoo-Foto einschicken und bekommt schonungslos die Wahrheit erklärt. Die in aller Regel darin besteht, dass der jeweilige Künstler keine Ahnung von dem hatte, was er tat, sondern mit dem vom Blogbetreiber als »another set of gibberish font«, (»schon wieder ein Satz bedeutungsloser Zeichen«) bezeichneten Nonsense arbeitete. Anscheinend kursieren in der Tattoo-Szene nämlich nicht nur wild zusammengewürfelte Alphabete aus diversen falsch geschriebenen asiatischen Schriftzeichen, sondern auch sehr eigenartige Übersetzungen. Wer bei »hanzismatter« vorstellig wird, um zu erfahren, ob sein Tattoo wirklich »Freiheit« bedeutet, wird regelmäßig enttäuscht, denn aus irgendeinem Grund hat sich bei Tätowierern wohl durchgesetzt, dass das richtige Wort für Freiheit ­»kostenlos« ist. Andere Menschen tragen übrigens unbeabsichtigt »Stimmung« statt Leidenschaft, »hässlich« statt Freundschaft, »kleines Tier und großer Fehler« statt »Stärke und Mut« auf der Haut. Mehr unter http://hanzismatter.blogspot.de.