Über die Rohstoffpartnerschaften der Bundesregierung

Rohe Partnerschaften

Rohstoffpartnerschaften sind ein wesentliches Instrument der Bundesregierung, um die Versorgung mit Industriemetallen und anderen Rohstoffen langfristig zu sichern. Doch die bilateralen Abkommen werden dem von der Politik formulierten Anspruch, faire Konditionen sicherzustellen, nicht gerecht.

»Es ist keinerlei Anspruch auf Nachhaltigkeit feststellbar. Die Rohstoffpartnerschaften stehen nicht im Kontext der Außen- und Entwicklungspolitik, sondern vor allem in jenem der Wirtschaftspolitik«, kritisiert Markus Krajewski, Professor für Völkerrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg, das Vorgehen der Bundesregierung beim Abschluss der ersten beiden Rohstoffpartnerschaften mit der Mongolei und Kasachstan. Unausgewogen und wenig zukunftsweisend seien die Verträge, die vor zwei Jahren mit der Mongolei und ein paar Monate später mit Kasachstan zustande kamen. Sie verfolgten »vor allem das Ziel, die Rohstoffversorgung für die deutsche Industrie abzusichern«, urteilt er. Das sei zu wenig.
Auch die dritte Rohstoffpartnerschaft, die in ein paar Monaten mit Peru unterzeichnet werden soll, scheint der gleichen Logik zu folgen. Dass die rohstoffreichen Ländern schlicht brav und verbindlich an das reiche Industrieland Deutschland liefern und dieses im Gegenzug pünktlich zahlt und sich als verlässlicher Partner präsentiert, reiche aber nicht, kritisieren Experten und Politiker die deutsche Politik. Weltweit sind auch Bergbaukonzerne aus China, den USA, Kanada, Großbritannien und Australien vor Ort tätig, um zu schürfen, Böden zu analysieren und nach neuen Fundstätten zu suchen. In Kasachstan machen chinesische Unternehmen den deutschen bereits Konkurrenz. Der Grund dafür sei, dass »bisher wenig mehr passiert ist als die Unterzeichnung der Verträge«, klagte der kasachische stellvertretende Industrieminister Albert Rau vor ein paar Tagen gegnüber der Wirtschaftswoche. »Die Chinesen bringen komplette Finanzierungen mit. Das erwarte ich auch von Deutschland«, stellte er unvermissverständlich klar. Bei konkreten Zusagen hinke Deutschland deutlich hinterher.

Anders als China, Australien, Kanada und die USA ist Deutschland längst keine Bergbaunation mehr. Bereits in den neunziger Jahren hat sich ein deutsches Bergbauunternehmen nach dem anderen aus der Förderung zurückgezogen, 2001 gab Thyssen-Krupp seine Eisenerzminen in Brasilien auf. In den Augen von Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist dieser Rückzug sträflich gewesen. Er würde, so machte er im Juni auf den Eschborner Fachtagen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) deutlich, liebend gern eine Rohstoffpartnerschaft mit Afghanistan abschließen. Doch ohne den ausführenden Arm, die fördernde Industrie, scheint das gar nicht so einfach zu sein, wie der Staatsminister auf der Tagung anklingen ließ. Sie stand unter dem Titel »Rohstoffe und Ressourcen: Wachstum, Werte und Wettbewerb«. Diskutiert wurde, wie ein großes Verbraucherland wie Deutschland sich sicher versorgen und zugleich die Rahmenbedingungen in den Lieferländern verbessern kann. Das ist ein Ansatz, der deutlich über das hinausgeht, was in den Rohstoffpartnerschaften bisher fixiert ist, denn schließlich ist das übergeordnete Ziel von Staaten wie der Mongolei, Kasachstan und Peru die Entwicklung des eigenen Landes und die ­Bekämpfung der Armut.
Ein Rohstoffe beziehendes Hochtechnologieland wie Deutschland könnte umweltverträgliche Technologien verwenden, Ressourcen wie Wasser und Energie sparsam einsetzen oder Wertstoffe recyceln. Das wären Ansätze, die in den Liefer­ländern wohl genauso begrüßt würden wie Ausbildungskooperationen und die Beratung beim Aufbau von Institutionen. Diese erfolgt beispielsweise durch die GIZ beim Aufbau des Umweltministeriums in Peru. Sie vertritt in den betroffenen Ländern die Interessen der Bundesregierung und sorgt für wichtige Kontakte mit der Industrie. Da die Rohstoffe knapper werden und die Preise und die Zahl von Konflikten rund um diese steigen, werden die Aufgaben der GIZ zahlreicher und der Austausch mit unterschiedlichen Akteuren wichtiger. Dazu gehört eigentlich auch die Bevölkerung, die in Lateinamerika und anderen Regionen der Welt immer häufiger aus Protest gegen Bergbau- und andere Projekte auf die Straße geht.
»Doch das zentrale Problem ist«, so der peruanische Jurist Juan Carlos Ruíz Molleda, »dass die Partizipation der Zivilbevölkerung bisher nur auf dem Papier existiert – sprich kaum vorgesehen ist«. Es fehle an verbindlichen Regeln für den Bergbau, kritisiert er. Diese Einschätzung teilen auch andere Experten wie der ehemalige kolumbianische Umweltminister Manuel Rodríguez Becerra. Er hält wenig von freiwilligen Selbstverpflichtungserklärungen und von Unternehmen wie dem deutschen Stromkonzern RWE. Dieser importiert Kohle aus Kolumbien und will nach eigener Aussage sogar dafür sorgen, dass Umwelt- und Menschenrechte stärker beachtet werden. Doch die bisherigen Ergebnisse sind wenig ermutigend, weshalb Rodríguez Becerra mahnt: »Wir brauchen eine radikale Reform der Bergbaugesetzgebung und mehr Transparenz.« Dabei denkt er nicht nur an sein Land und den Subkontinent.

»Die zentrale Frage ist, wie man die Rohstoffpolitik fairer gestalten kann«, meint auch Ute Koczy, Bundestagsabgeordnete der Grünen. Dafür solle es ein multilaterales Abkommen geben, das sowohl Normen für die Ausbeutung von Vorkommen als auch Vorgaben für mehr Partizipation der Bevölkerung enthalten könnte. Doch weil derartige Ziele nur langfristig zu erreichen sind, ­haben die Grünen ein alternatives Modell für die bilateralen Rohstoffpartnerschaften in Auftrag gegeben. Völkerrechtler Krajewski hat den alternativen Vertragsentwurf für die Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern erarbeitet und ist sich sicher, dass »bilaterale Abkommen durchaus sinnvolle Steuerungsinstrumente« sein können. Übergangsweise könnten sie sinnvoll sein. Auf fünf Grundsätze werde dabei Wert gelegt: Transparenz, Partizipation der Zivilgesellschaft, nachhaltige Entwicklung sowie ökologische Rohstoffbewirtschaftung und Unternehmensverant­wortung.
Angesichts der Tatsache, dass Bergbaukon­zerne ökonomisch oft deutlich einflussreicher sind als die Staaten, in denen sie agieren, sind internationale Vereinbarungen auch aus Sicht Rod­ríguez Becerras eine vielversprechende Möglichkeit. Die Institutionen, die in Kolumbien, Peru, Sambia und der Mongolei die Bergbauunternehmen kontrollieren sollen, verfügen oft kaum über die Mittel, zu den Minen zu gelangen, und ihre Mitarbeiter schlagen sich oft mit Dutzenden von Bergbaukonzessionen herum. Obendrein ist Korruption im Bergbausektor weit verbreitet. »Gerade erst hat eine Wochenzeitung in Kolumbien aufgedeckt, dass eine ganze Reihe von Bergbauunternehmen keine Steuern gezahlt hat. Sie haben nationales Recht gebrochen«, erklärt Rod­ríguez Becerra. Von den vielbeschworenen Investitionsmitteln, die der Bergbau als wichtiger Wirtschaftssektor erschließen soll, bleibt so kaum ­etwas in seinem Heimatland. Internationale Normen könnten so etwas verhindern, doch auch Rohstoffpartnerschaften und Lieferverträge bieten mit entsprechenden Paragraphen durchaus Möglichkeiten. Sie gelten als Instrument auf dem Weg zu Transparenz im Bergbau und beim Handel mit Rohstoffen.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Bundesregierung bei den Verträgen mit der Mongolei und dem autokratischen Kasachstan nicht auch auf derartige Paragraphen vertraut hat, angesichts der Tatsache, dass die deutsche Regierung seit Jahren Förderin der Initiative für Transparenz in der Rohstoffindustrie (Eiti) ist. Deren Ziel ist es, Korruption einzudämmen und den Bergbau transparent zu gestalten. Immerhin 39 Staaten und mehr als 80 Konzerne haben sich zu der von der Bundesregierung kofinanzierten Transparenzinitiative bekannt. Deren Erfahrungen fanden jedoch bisher nicht Eingang in die Verträge der Bundesregierung zu den Rohstoffpartnerschaften. Ob sich das künftig ändert, kann sich bald zeigen, denn derzeit befindet sich der Text des peruanisch-deutschen Abkommens in beiderseitiger Revi­sion. Das Abkommen soll auch der Entwicklung und Nachhaltigkeit der Rohstoffwirtschaft in Peru förderlich sein.