Aus dem Hinterwald

Er ist so etwas wie Crocodile Dundee mit Anzug und Krawatte – sehnig, sexistisch und selbstbewusst. Sein Outback ist zwar nur der Rollback, doch er kommt wie der australische Klischee-Macker aus dem Film von 1986 gut an. Besser noch: Der Schauspieler Paul Hogan gewann für seine Darstellung des Krokodilbändigers aus dem australischen Busch, der in der modernen Stadt Anpassungsprobleme hat, nur einen Golden Globe, Tony Abbott, eigentlich Anthony John Abbott, hat es bei den Wahlen am Samstag sogar zum Premierminister Australiens geschafft. Die von ihm angeführte sogenannte Coalition aus Liberalen und der Nationalen Partei Australiens konnte eine deutliche Mehrheit erlangen. Sie löst die seit 2007 regierende Labor Party ab. An deren Spitze gab es zuletzt im Juni einen Wechsel, als Kevin Rudd Premierministerin Julia Gillard ablöste, die 2010 ihn abgelöst hatte. Nun trat Rudd gegen Abbott an. Der Machtkampf in der Labor Party gilt als ein Grund dafür, dass die Partei so schlecht abschnitt. Ansonsten unterscheiden sich die Programme der Konkurrenten nicht sehr voneinander. Während Abbott beispielsweise gleich die Marine gegen Bootsflüchtlinge vor Australien schicken will, sollen diese nach den Plänen von Labor zunächst in Papua-Neuguinea interniert werden. Größere Streitpunkte waren die Steuern auf Kohlendioxidemissionen und Bergbauprofite, die die Coalition als wenig unternehmerfreundlich abschaffen will.
Der 55jährige Abbott gilt als sportlich, so nahm er an Triathlons teil und boxte als Student, aber auch als aufbrausend. Kritik erntete er bereits öfter für seine sexistischen Sprüche, so über Gillard, die sich daraufhin in einer bekannten Parlamentsrede beschwerte, und zuletzt über eine Kandidatin der Coalition, die er für ihren »Sex-Appeal« lobte. Seine drei Töchter, die ihn im Wahlkampf oft begleiteten, bewarb er stets als »gutaussehend«. Dass er ohne Sex-Appeal nicht leben kann, mag ein Grund dafür gewesen sein, dass der Katholik in jungen Jahren das Priesterseminar abbrach und sich lieber für eine Karriere als konservativer Journalist und Politiker entschied. Die gleichgeschlechtliche Ehe lehnt er ebenso ab wie Abtreibung. Viele Australierinnen und Australier sehnten sich offenbar nach etwas mehr Hinterwäldlertum an der Spitze. Oder sie lasen zu viel Zeitung – schließlich gehören Rupert Murdoch, einem Unterstützer Abbotts, über 70 Prozent der australischen Medien.