Das Medium

Dünne Zeitung

So sieht also der hippe neue Onlinejournalismus aus: Unter Überschriften, die in der ersten Woche des Erscheinens offenkundig von der Kita »Kleine Blitzbirnen« gestaltet wurden (»Pleite! Zerschlagung! Untergang!«) schreiben Leute Texte über Themen, die sie interessieren, halt nein: erscheinen Meldungen von Presseagenturen zu aktuellen Themen. Richtig, es geht um die gerade gestartete deutsche Ausgabe der Internetzeitung Huffington Post. Die Leute mit den eigenen Themen, die bereits das US-Original durch das kostenlose Verfassen von Texten berühmt gemacht haben, gibt es aber natürlich auch: »Keine Schuld, keine Scham« lautet der Titel eines Kommentars, in dem es um den »Protz-Bischof« geht und in dem es – eine Sensation und in herkömmlichen deutschen Medien bis dato noch nie dagewesen – um das »Lügenkonstrukt« von Bischof Dingens geht und darum, was ein Psychologe dazu zu sagen hat. Anschließend kommt die Kommentatorin zu einem überraschenden Ergebnis: »Der Bischof von Limburg steht jetzt unter großem Druck.« Und so geht das ewig weiter: Irgendwo ist irgendwas passiert und irgendwer hat eine Meinung dazu. Das ist als journalistisches Konzept etwas dünne, weswegen bei der Huffington Post auch Prominente schreiben dürfen. Gleich in der ersten Woche war es den Machern gelungen, dazu regelrechte Hochkaräter zu verpflichten: Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der RWE AG, schrieb zum Thema »Die Energiewende effizient gestalten«, Uschi Glas, Darstellerin, über Kinderarmut, Monty Metzger, »Entrepreneur, Investor … und Loving Dad & Husband« beschäftigte sich mit der Erweiterung der Top-Level-Domains und damit also mit dem »Ende des Internets, wie wir es kennen«, der Unternehmensberater Thilo Specht hatte unter der Überschrift »Denk ich an Journalismus in der Nacht« etwas zum Thema, genau: Journalismus zu sagen. Wow.