Tut Buße!

Himmelherrgott! Ist der Mann denn von allen guten Geistern verlassen? Hat Franz-Peter Tebartz-van Elst jede christliche Bodenhaftung verloren? Weiß der Limburger Hirte nicht, dass zur Schau getragener Prunk und Protz sowohl bei seinen einfachen Gemeindeschäfchen (die ohnehin ob des Führungsstils mit ihm über Kreuz liegen) als auch bei den vielen Kirchenkritikern hierzulande gar nicht gut ankommen? Mehr als 30 Mil­lionen Euro für eine neue Residenz sind nun wirklich kein Pappenstiel. Und dann noch erster Klasse ins arme Indien jetten! Womöglich hat sich Tebartz-van Elst zudem der Falschaussage schuldig gemacht.
Da kommt also einiges zusammen. Nur: von schlechtem Gewissen keine Spur. Im Grunde lässt Tebartz-van Elsts selbstherrliches Auftreten nur zwei Erklärungen zu. Entweder hat der Herr Bischof in einer eigenen Welt ­lebend jeden Bezug zur irdischen Realität verloren. Oder er denkt sich: Die Leute können mich mal kreuzweise. Wie auch immer, der Mann braucht dringend eine längere Zeit der Besinnung.
Aber vielleicht sollten auch die Medienmacher mal ein wenig Buße tun, zumindest für einen Moment innehalten. Denn die haben die vergangenen Tage ganz einfach über die Stränge geschlagen. Sonderübertragungen, Sonderseiten, Sondersendungen – die zahllosen Berichte über tatsächliche oder vermeintliche Verfehlungen eines deutschen Bischofs konnten niemanden entgehen. Selbst diejenigen, die auf Zerstreuung durchs öffentlich-rechtliche Fernsehen hofften, mussten sich ausführlich über die Allüren eines Einzelnen belehren lassen. Ein »ARD-Brennpunkt« im Ersten, ein »ZDF-Spezial« im Zweiten: Das gibt’s nicht alle Tage.
Zu viel des Schlechten, möchte man als Journalist zugeben. Doch ausnahmsweise werden Leser, Zuhörer und Zuschauer diese Art Selbstkritik wohl als blanken Unsinn abtun. Denn das Thema fand seine Abnehmer. Im Internet quollen die Kommentarplätze quasi über, ARD wie ZDF freuten sich über ungeahnte Rekordquoten. Mit anderen Worten: Der Protz-Bischof war ein Renner. Vermutlich, weil in diesem Fall zutiefst Seriöses (Kirche!) eine unheilige Allianz mit dem Boulevardesken (Ausschweifungen!) einging. Hinzu kam eine gehörige Portion sicherlich gerechtfertigter Empörung, eine Prise sündigen Neids und eine Messerspitze Missgunst.
An der ganzen Aufregung trägt übrigens nicht zuletzt ein anderer Kirchenmann eine Mitschuld. Sein Name: Franziskus. Seine Berufung: Papst. Seine Mission: Bescheidenheit. Und genau das macht die Causa Tebartz-van Elst so pikant und medienwirksam. Denn in Rom wird derzeit Genügsamkeit gepredigt. Und was macht der Untergebene im fernen Deutschland? Lebt in Saus und Braus! Das verschafft dem Thema zunächst Brisanz, dann Relevanz. Und gewährt den Journalisten so ein bisschen Absolution.