Berlin Beatet Bestes. Folge 215

Gute Songs werden nie schlecht

Berlin Beatet Bestes. Folge 215. Brittany Howard and Ruby Amanfu: I Wonder/When My Man Comes Home (2013).

Amerikanische Roots-Musik erfreut sich zwar wieder zunehmender Beliebtheit, wird aber leider immer noch selten auf Vinyl gepresst. Von modernen, mitreißenden und tanzbaren Jazz-Singles hatte ich fast schon aufgehört zu träumen, da fiel mir diese Platte in die Hände. Sie bietet zwar keinen Jazz, aber zumindest sehr authentischen und zeitgemäß klingenden Blues und Soul. Jack White, der dicke Mann von den White Stripes, hat eigens für diese Single zwei erfolgreiche Pop- und Rocksängerinnen zusammengebracht, um mit ihnen diese zwei Titel für sein Single-Label Third Man Records aufzunehmen. Brittany Howard ist Sängerin und Gitarristin der Alabama Shakes, die selbstverständlich aus ebendiesem US-Staat stammen. Ein Tattoo, das die Umrisse ihrer Heimatstadt Athens/Alabama zeigt, bedeckt Howards halben Oberarm. Die Alabama Shakes spielen rockigen Soul, irgendwo zwischen Janis Joplin und Sharon Jones. 2011 wurden sie von Rough Trade unter Vertrag genommen. Bereits ein Jahr später erhielt die Band für ihr Debütalbum »Boys & Girls« drei Grammy-Nominierungen und eine goldene Schallplatte. Ein Blitz­erfolg für die zuvor nahezu unbekannte Band. Mittlerweile wurden die Alabama Shakes sogar ins Weiße Haus eingeladen. Ein Video zeigt die Band beim Auftritt vor der versammelten Familie des US-Präsidenten, Barack Obama lehnt sich ganz cool zurück und wippt im Takt.
Ruby Amanfu ist eine aus Ghana stammende, in der Country- und Western-Stadt Nashville lebende afroamerikanische Singer-Songwriterin. Außerdem singt sie in der Frauenband, die Jack White begleitet. Kurz gesagt: Ruby Amanfu singt irgendwie »weiß«, Brittany Howard singt irgendwie »schwarz«. Mit diesen beiden die Grenzen des Genres überschreitenden Frauen hat Jack White eine der herausragendsten Singles des Jahres gemacht.
Mit »I Wonder« von Rodriguez covern die zwei einen der schönsten Songs aus dem schönsten Musikfilm des letzten Jahres. Ach was, des schönsten Musikdokumentarfilms ever! Wer sich für Popmusik interessiert und »Searching for Sugarman« noch nicht gesehen hat, dem ist nicht zu helfen. Gute Songs bleiben gute Songs, auch wenn es nervt, dass der Soundtrack schon aus jeder Hipster-Boutique dudelt. In ihrer Version unterstreichen die beiden afroamerika­nischen Künstlerinnen Brittany Howard und Ruby Amanfu den Soulcharakter des Originals. Auf der B-Seite covern sie einen 1944 aufgenommenen Song ­­der legendären Blues-Sängerin und Gitarristin Memphis Minnie. Die lief 1910 mit 13 Jahren von zu Hause weg, um auf der Bea­le Street in Memphis zu leben, wo sie sich einige Jahre ihr Geld als Straßensängerin und Prostituierte verdiente, bis sie Ende der zwanziger Jahre von einem A & R-Manager der Plattenfirma Columbia entdeckt wurde. Bis in die fünfziger Jahre nahm Memphis Minnie Dutzende Platten auf. Großartig ist, wie sie ihren Gesang mit der Gitarre begleitet. Ihr treibendes Gitarrenspiel und ihre klare, laute Stimme sind unverwechselbar. So unverwechselbar wie Brittany Howard und Ruby Amanfu.

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com/) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.