Das Ende der PKW-Maut

Autobahn geht gar nicht

Die Diskussion über die PKW-Maut für Ausländer ist vorbei. Horst Seehofer hat gezeigt, dass selbst das Thema Straßen­gebühren zur Deutschtümelei taugt.

Deutsche Bürger pflegen bekanntlich ein besonderes Verhältnis zur Autobahn. Zwischen 50 und 60 Stunden stehen sie jedes Jahr im Stau. Das stop and go vor und nach der Arbeit ist dabei nur das tagtägliche Training für den Höhepunkt des Jahres: Zur Urlaubszeit begeben sich Millionen Deutsche auf die Autobahnen des Landes, um dann im vollkommenen Stillstand, Stauminute um Stauminute daran erinnert zu werden, dass ihnen auch im Urlaub ihre Zeit nicht gehört. Unter den Händen auf dem Lenkrad zerrinnt ihnen die Lebenszeit unwiederbringlich zu toter Zeit, was sie eben auch tut, wenn die Hände Schraubenschlüssel halten, Haare schneiden oder auf eine Tastatur einhämmern.
Aus dem Elend erwächst jedoch nicht die ganz große Einsicht, die Lebenszeit verzehrende Lohnarbeit ein für allemal abzuschaffen, oder zumindest die klitzekleine Einsicht, sich mit einem anderen Verkehrsmittel in den Urlaub zu begeben. Im Wiederholungszwang stehen Deutsche allem Fluchen zum Trotz immer wieder auf der Autobahn herum. Auch historisch fühlen sie sich ihr verbunden, wovon die Stammtischzoten zeugen, in denen davon die Rede ist, dass »damals« nicht alles schlecht gewesen sei, was die Autobahnen doch beweisen würden. »Es sind auch Autobahnen damals gebaut worden. Und wir fahren heute drauf.« Das sagte die damalige Nachrichtensprecherin Eva Herman im Jahr 2007 in einer Talkshow des Johannes B. Kerner, der sie daraufhin mit den Worten aus der Sendung schickte: »Autobahn geht gar nicht.« Dass Autobahn sehr wohl gehe, darauf beharrte anschließend eine riesige Zahl erboster Freizeitkommentatoren im Internet. Man wird doch wohl noch Autobahn sagen dürfen, war der Tenor.
Horst Seehofer (CSU) hat also durchaus ein Gespür für das deutsche Volksempfinden bewiesen, als er im Zuge des Bundestagswahlkampfs mit der Forderung durch’s Land polterte, es müsse eine PKW-Maut für Ausländer auf deutschen Autobahnen eingeführt werden. 12 845 Kilometer lang ist das Autobahnnetz. Dass Ausländer unentgeltlich auf dieser asphaltierten und betonierten Herzenssache der Deutschen herumfahren, stört das Gerechtigkeitsempfinden hierzulande, zumal sich der deutsche Autofahrer noch dazu auf’s Schwerste abkassiert fühlt, weil er in anderen Ländern Mautgebühren zahlen muss. Das wollte sich Seehofer populistisch zunutze machen. »Die CSU hat dabei klar die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung«, ließ der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt die Presse wissen. Und bis zuletzt war die CSU offenbar von der Sache überzeugt und begrüßte auf ihrer Homepage Interessierte mit dem in großen Lettern geschriebenen Satz: »PKW-Maut für Ausländer kommt.«
Wie die Koalitionsverhandlungen gezeigt haben, kommt sie wohl doch nicht. Die Verhandlungsführer haben die Frage »vertagt«. Zu schwierig wäre es wohl geworden, eine PKW-Maut für Ausländer einzuführen. Rechtlich wäre es unmöglich, nur Ausländer zahlen zu lassen, nicht aber Deutsche. Tricks wie etwa die Erhebung der Maut für alle bei gleichzeitiger Senkung der deutschen KFZ-Steuer wären zu umständlich. Der amüsante Spuk scheint vorbei zu sein.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass hierzulande selbst mit einem Thema wie der Straßengebühr ein deutschtümelnder Wahlkampf zu machen ist. Allzu verwunderlich ist auch das nicht. Schließlich hat Angela Merkel einmal bekannt: »Ich bin stolz darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Autoland ist.«