Geld gegen Pfeffer

Polizeigewalt kann sich auszahlen. Das zeigt das Beispiel John Pikes, eines gedrungenen Glatzenträgers, der in jedem Film die Rolle des bad cop spielen könnte, aber auch erkennen lässt, warum viele Amerikaner ihre Ordnungshüter pigs nennen. Pike war Angehöriger einer univer­sitären Polizeieinheit, die am 18. November 2011 zu einer friedlichen Sitzblockade auf dem Campus der Universität von Kalifornien gerufen wurde. »Auflösen«, lautet der Befehl. Pike folgte pflichbewusst. Lässig stand er hinter den Protestierenden und schüttelte routiniert seine Halbliterflasche Pfefferspray. Dann trat er an die Demonstranten heran. Als würde er im Garten seine Geranien gießen, besprühte Pike die am Boden sitzenden Menschen aus der Nähe mit seinem rot schimmernden Capsaicin-Gas, wie Pfefferspray eigentlich heißt. Medien berichten später, das Gas sei so konzentriert gewesen, dass es nur gegen Personen in mindestens 4,5 Meter Entfernung hätte eingesetzt werden dürfen. Pike begnügte sich mit etwa einem halben Meter. Als seine Flasche leer war, übernahm ein Kollege.
Doch eine Videokamera dokumentierte das Geschehen, so dass Pike berühmt wurde. Die Netzgemeinde nannte ihn den »Pepperspray-Cop«. Das Video verbreitete sich rasant, zahlreiche Blogs stellten John Pike in alle möglichen Fotos und Grafiken einmontiert dar. Pike besprüht Gandhi. Pike besprüht Louis de Funès... Hacker aus dem Umfeld von »Anonymous« verbreiteten dann seine persönlichen Daten online. »Wegen psychischer Verletzungen oder aufgrund von andauerndem Trauma«, so die Begründung des Workers’ Compensation Appeals Board, muss ihm die Universität von Kalifornien nun 38 055 Dollar Entschädigung zahlen. In einem Polizeibericht heißt es, aufgebrachte User hätten auf Pikes Pfefferspray-Exzess mit 17 000 E-Mails, 10 000 Textnachrichten und Hunderten Briefen reagiert. Er habe mehrfach den Wohnsitz, die E-Mail-Adresse und die Telefonnummer wechseln müssen. Seitdem leide er unter Depressionen. Viele Studenten und ihre Unterstützer sind empört, zumal die vom Pfefferspray-Einsatz Betroffenen eine deutlich geringere Entschädigung erhielten. Im Gespräch mit Associated Press kommentiert einer von ihnen, die Entschädigung für Pike sende eine klare Botschaft an andere Polizisten, die friedlichen, unbewaffneten Studenten gegenüberstünden: »Komm schon, tu ihnen Gewalt an. Trampele auf ihren Rechten herum. Man wird gut für dich sorgen.«