Ziemlich beste Freunde

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung spricht von einem »historischen Prozess«, der vergangene Woche vor dem Landgericht Hannover begonnen hat. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) steht wegen des Verdachts der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung vor Gericht – und ringt um einen letzten Rest Ehre. »Es geht um die Frage, ob der einstige Bundespräsident nicht deutlich genug zwischen Freundschaft, Politik und Gefälligkeiten unterschieden hat«, schreibt die Welt. Wulff wird verdächtigt, sich als Gegenleistung für Gefälligkeiten für ein Filmprojekt des Produzenten David Groenewold eingesetzt zu haben. Der Filmunternehmer hatte Christian und Bettina Wulff im Jahr 2008 zum Oktoberfest in München eingeladen. Die Süddeutsche Zeitung nennt den Prozess »ein Musterverfahren für Unverhältnismäßigkeit«, geht es doch um eine Summe von lediglich 753,90 Euro. Spiegel Online findet hingegen: »Trotz der kleinen Summe geht es um einen bedeutenden Fall, dem nur ein guter Prozess ein würdiges Ende bereiten kann.« Wulff hatte im April die Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung von 20 000 Euro abgelehnt. Auch Groenewold sitzt auf der Anklagebank. Dessen Anwalt beschreibt Wulff als »väterlichen Freund« seines Mandanten, der ihm in wichtigen Lebensfragen stets beigestanden habe. Und auch Wulff spricht von Groenewold als seinem »Lebensbegleiter«. Der Fall ist insofern ein Novum, als zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein ehemaliger Bundespräsident vor Gericht steht. Eine »peinliche Premiere«, findet die Frankfurter Rundschau. Der Prozess habe fast alles, was ein Sensationsprozess benötige: einen prominenten Angeklagten und prominente Zeugen. Unter anderem sollen Wulffs Ex-Frau Bettina Wulff, die Schauspielerin Maria Furtwängler und deren Mann, der Verleger Hubert Burda, aussagen. Das einzige, was zum Sensationsprozess fehle, sei: »ein Verbrechen von einiger Bedeutung«.