Tanz den Strache

»Polizei verfolgt Spur zu Studenten-Politikerinnen«, schrieb der Wiener Kurier nach den Protesten gegen den »Akademikerball«, der Ende Januar in Wien stattfand. Die Zeitung ließ es sich nicht nehmen, eine ganze Kampagne daraus zu machen. In einem Artikel vom 4. Februar erwähnte ein Autor zwei Demonstrantinnen, die gegen den Ball der Burschenschaften und rechtsextremer Gäste aus Europa protestiert hatten, namentlich – stellvertretend für die übrigen Protestierenden. Erst nach knapp einer Woche wurde der Artikel dahingehend geändert, dass die Nachnamen der Aktivistinnen gekürzt wurden. Um ins Visier der Presse zu geraten, genügte es schon, an der Spitze des Demonstrationszugs mitzulaufen. Die »Straßenschlachten in Magdeburg und Hamburg« habe man genutzt, um »Demoerfahrung zu sammeln«, heißt es über eine Aktivistin, die sich daraufhin in einem Interview mit dem Standard äußerte und strikt von jeglicher Gewalt distanzierte. Aber auch das als links geltende Stadtmagazin Falter überraschte, weil es nicht weniger reißerisch als der Boulevard über »eine schwarze Nacht« und »Demo-Hooligans« aus Deutschland schrieb. Die rechtspopulistische FPÖ nutzte die Situation, um im eigenen Web-TV-Magazin die Grünen als extremistisch darzustellen und für Ausschreitungen und Sachschäden, zu denen es im Zuge der Demonstration gekommen war, verantwortlich zu machen. Der Tageszeitung Die Presse zufolge sagte Wolfgang Jung (FPÖ): »Ersetzen Sie das Wort Jude durch Nazi, dann haben Sie genau die Parolen, die Ihre Anhänger gebrüllt haben.« Über die aus Deutschland angereisten Demonstranten gelangte er zu der Einschätzung: »Heute erfolgt der Anschluss von links!« Zudem veröffentlichte die rechtskonservative Wochenzeitung Zur Zeit eine »Satire«, in der der Protest als »Kristallnacht 2014« bezeichnet wird. Eine Debatte ist augenscheinlich dringend nötig. Eskaliert ist hier nicht nur ein Protestzug.