Berlin Beatet Bestes. Folge 236.

Raiders on the Storm

Berlin Beatet Bestes. Folge 236. Let’s Twix & Win (1991).

MP3-Download-Codes werden gern als Extra zu den Singles, die ich kaufe, mitgegeben. Das finde ich anständig. Es spart mir Arbeit. Und zeigt, dass die Produzenten der Schallplatte nicht erwarten, dass irgendwer nach dem Kauf ihres Produkts noch zusätzlich ein unsichtbares Digitalprodukt erwirbt. Denn natürlich kann ich mir die Platte auch selbst digitalisieren, das dauert nur so lange wie das Abspielen von zwei Plattenseiten. Das Programm, das ich dafür seit vielen Jahren benutze, heißt Wavepad und ist kostenlos. Aber eigentlich benutze ich die Download-Codes nie. Ich höre tatsächlich die Platten. MP3 sind etwas, das ich nach Belieben selbst herstellen und wieder zerstören kann. Es macht richtig Spaß, mit einem Mausklick ein paar Gigabites MP3 zu löschen. Wir alle haben ja diese riesigen Datenmengen auf unseren Computern. Und natürlich auch unheimlich viel Musik, die wir nie hören. Früher ging es nur Plattensammlern so, jetzt haben wir alle unüberschaubare Mengen von Musik zur Verfügung. Wir schwimmen im MP3-Meer und haben dabei schon so viel von dem MP3-Wasser geschluckt, dass unsere Geschmacksnerven völlig abgestumpft sind.
Seit einer Weile benutze ich ein Youtube-Download-Programm und stelle damit MP3 her. Vor allem Schnipsel aus alten Musikfilmen wandle ich gern in MP3 um. Wenn der Sound noch nicht so gut ist, versuche ich ihn mit Wavepad ein wenig zu verbessern. Wenn das nicht möglich ist, wandern die MP3 gleich in den Papierkorb. Ich finde, MP3 sind herrliches, sehr praktisches Material, das immer wieder und wieder weiterverarbeitet werden kann. Warum allerdings irgendjemand MP3 kaufen sollte, werde ich nie verstehen.
Ich bin kein großer Kapitalismusfan, aber der Versuch, unsichtbares Material, das nach Belieben verändert und überschrieben werden kann, zu verscherbeln, höhlt das System, in dem wir leben, völlig aus. Das System lebt davon, dass wir alle dauernd neuen Plunder kaufen. Wenn niemand mehr was kaufen würde, wären wir schnell am Ende. Mir ist schon klar, dass Musik nun mal keinen materiellen Tonträger braucht, aber wir »brauchen« auch keine neuen Hosen, Haarschnitte oder Restaurants. Es ist notwendig, neues Zeug zu kaufen, und macht nebenbei auch Spaß. Mit »Produkten« wie MP3 beißt das kapitalistische Prinzip sich erstmalig in den eigenen Schwanz.
Am Samstag habe ich auf dem Flohmarkt diese Twix-Werbe-Flexi gefunden. Als ich nach dem Preis fragte, antwortete der Händler: »Die schenk ich dir.« Zu hören ist ein Werbetext: »Raider heißt jetzt Twix – sonst ändert sich nix«, ein Hip Hop/Dance-Mix und die Preisfrage zu einem Gewinnspiel: »Wie heißt Raider jetzt?«. Derzeit versuchen übrigens zwei Händler auf Ebay das rote, einseitig bespielte Wabbelteil für 11 und 12 Euro zu verkaufen. Na, das wird wohl nichts. Im November 2013 hat der Hersteller Mars sein Twix mal wieder als »Raider« in einer »limitierten Edition« von mehr als zehn Millionen Riegeln auf den Markt geworfen. Kapitalismus, ich kapier dich nicht.

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com/) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.