Fight for your right to party

Die Deutschen finden immer neue Wege, ihre Obrigkeits­hörigkeit zum Ausdruck zu bringen. In zivilisierteren Gegenden bezeichnet man ehemalige Regierungschefs als ehemalige Regierungschefs und freut sich, wenn sie ein schönes Hobby gefunden haben wie etwa George W. Bush, der nun malt. Hierzulande aber ist Altkanzler zu einem angesehenen Beruf geworden, der sogar dazu berechtigt, in einer Talkshow zu rauchen. »Alt« ist hier natürlich nicht wie in Altmetall zu verstehen, vielmehr müssen wir uns den Altkanzler wie einen guten Wein vorstellen, der nach seiner Amtszeit weiter gereift ist. Nun aber hat Deutschland ein Pro­blem: Altkanzler Gerhard Schröder wird der Würde seines Amtes nicht gerecht. Er feierte eine Party mit Wladimir Putin und umarmte ihn sogar. Man kann das als kapitalistische Normalität betrachten. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG vertritt Schröder eine Firma, die von der russischen Regierung kontrolliert wird. Ebenso wenig wie ein Manager von Pepsi »Trinkt Coca Cola!« sagen darf, kann Schröder »Hände weg von der Ukraine!« sagen. Ungewöhnlich ist allerdings, dass ein ehemaliger Regierungschef in den Dienst eines anderen Staates tritt. So weit treibt man die Globalisierung eigentlich nicht, man darf also annehmen, dass Schröder als Mittelsmann ein bisschen Außenpolitik betreibt. Wenn über derartige Kontakte ein Verhandlungserfolg zustande kommen sollte, fällt der Ruhm allein der SPD zu.
Nachdem Volker Kauder, der Vorsitzende der Unionsfraktion, sich gebührend über Schröders Umarmung empört hatte, musste er Philipp Mißfelder, den außenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, schelten, weil dieser auch bei der Party anwesend war. Oder war Mißfelders Anwesenheit unerwartet bemerkt worden und Kauder musste ihn pflichtgemäß schelten? Mißfelder ist ein emsiger Karrierist. War für ihn Schröders neuer Job 2007 noch »der erste Vorbote dafür, dass die russische Diktatur versuchen wird, immer mehr Einfluss auf Deutschland auszuüben«, warnt er nun vor Sanktionen. Vom Transatlantiker wurde er zum Vorstandsmitglied des Deutsch-Russischen Forums (»Netzwerk mit Mehrwert«). Hielte man ihn für einen Mann mit strategischem Weitblick, wäre dies signifikant für den zukünftigen Kurs der deutschen Außenpolitik. Doch Mißfelder ist jemand, den man in den USA als loose cannon bezeichnen würde, er musste von seiner Parteiführung immer wieder ge­zügelt werden. Seine Umorientierung könnte voreilig gewesen sein und in der CDU schätzt man respektlose Rotzlöffel, die sich jenseits der Ochsentour an anderen vorbeimogeln wollen, ohnehin nicht. Das könnte dazu führen, dass Mißfelder sich später mit dem Vorstandsposten in einem mittelständischen Betrieb und Umarmungen deutscher Provinzpolitiker begnügen muss.