Einer von ihnen

Aufmerksame Antifaschistinnen und Antirassisten wissen ja bereits, dass es das gleiche Rassistenpack ist – der Staat und die Nazis. Dass es sich dabei nicht nur um eine knackige Zuspitzung unannehmbarer Verhältnisse handelt, sondern doch mehr Wahrheit dahintersteckt, ist dennoch bei jedem greifbaren Beispiel dafür eine Skandalisierung wert. Offen faschistisch oder rassistisch soll es in einer Demokratie nicht zugehen. Als ein Neonazi vorige Woche in Ungarn zu einem von sechs stellvertretenden Parlamentspräsidenten gewählt wurde, gab es einen kleinen Aufschrei, die Entscheidung wurde unter anderem von einigen ungarischen Oppositionellen und europäischen Politikern kritisiert.
150 der 199 Parlamentsabgeordneten hatten für den Kandidaten der rechtsextremen Partei Jobbik, Támás Sneider, gestimmt. Ende der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre soll er unter dem Spitznamen »Roy« eine Gruppe rechter Skinheads in der nordungarischen Stadt Eger angeführt haben. Der »Verein Nationaler Jugend« griff vor allem Roma an. 1992 erhielt Sneider eine Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung. Ab dem Jahr 2000 saß er für die rechtsextreme Partei Miép als Gemeinderat in Eger. 2006 beteiligte er sich führend an den rechtspopulistischen Protesten gegen den damaligen sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und im Zuge dieser an der Erstürmung des Fernsehgebäudes in Budapest. 2007 wechselte der gelernte Weinbauer zur Jobbik. Seit 2010 vertritt er sie im ungarischen Parlament und als Vorsitzender des Ausschusses für Jugend, Soziales und Familie von 2010 bis 2014 setzte er sich für die Geburt von mehr »magyarischen« Kindern ein. Seine Positionen dürften auch die Vertreter der Regierungspartei Fidesz teilen, er selbst betonte die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Parteien bereits vor Jahren. Seine Wahl zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten zeigt, dass sich die meisten ungarischen Abgeordneten auch gar nicht an seiner Vergangenheit als gewalttätiger Neonazi stören, erst recht nicht an seiner immer noch offen rassistischen Einstellung. Immerhin kann man sich nicht über mangelnde Transparenz beschweren. Dass die meisten der ungarischen Abgeordneten rassistisch und antisemitisch sind, wird nicht mühsam verschleiert. Selbst der Parlamentspräsident László Kövér outete sich einst als Bewunderer des antisemitischen »Nationaldichters« József Nyírő.