»Idiotentest angebracht«

In einer Ausschreibung sucht die Bundesagentur für Arbeit einen Lieferanten für 88 000 Drogenschnelltests – »für die Durchführung ärztlicher Untersuchungen in den Agenturen für Arbeit« –, mit denen neben Rauschmitteln auch Antidepressiva im Blut festgestellt werden sollen. Harald Thomé vom Wuppertaler Erwerbslosenverein Tacheles hat mit der Jungle World über die Ausschreibung gesprochen.

88 000 Drogenschnelltests – droht eine Massenuntersuchung von Arbeitslosen?
Man muss hinzufügen: Es handelt sich mit den ebenfalls bestellten Harnstreifentests um insgesamt 264 000 Tests.
In welchen Situationen könnten die Tests verwendet werden?
Dazu kann ich keine Aussage treffen. Ich gehe davon aus, dass es sich nicht um Tests an Mitarbeitern handelt, sondern an Leistungsberechtigten. Wobei die BA ja Tausende Mitarbeiter entlassen will.
Gab es in der Vergangenheit bereits solche Tests?
Mir sind keine bekannt. Ich denke, es würde sich um einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes handeln. Und man muss bedenken: Steht so etwas einmal in der Akte, ist ein Arbeitsloser lebenslang abgestempelt, gerade vor dem Hintergrund der ausufernden Sozialdatenspeicherung. Allerdings gibt es im Rahmen der Mitwirkungspflichten von Leistungsberechtigten auch die Pflicht, sich untersuchen zu lassen, aber nur unter den Einschränkungen der Erforderlichkeit.
Wer legt die Erforderlichkeit fest?
Ich würde sagen, dass ein solches Drogenscreening nur dann erforderlich und somit zulässig ist, wenn es ausreichende konkrete Hinweise auf eine Suchtmittelabhängigkeit gibt und der Test im Einzelfall notwendig ist, um zu prüfen, ob die Person für eine bestimmte Arbeit geeignet ist.
In den Jobcentern könnte das sehr weit ausgelegt werden.
Ja, es ist zu vermuten, dass die Behörde die Tests deutlich übergriffig und auch rechtswidrig einsetzen würde.
Wie bewerten Sie die Anschaffung der Drogentests insgesamt?
Für mich handelt es sich um die Fortsetzung der Selektierung von Arbeitslosen. Zudem würde ich das Vorhaben schlichtweg als Terror bezeichnen, weil es keinen Grund für Drogenscreenings gibt. Arbeitet jemand beispielsweise im Kindergarten, muss er auch nur ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Ob er kifft oder nicht, ist völlig irrelevant. Wie die Bundesagentur auf so etwas kommt, erschließt sich mir nicht. Es stellt sich eher die Frage, ob bei manchen Herrschaften in der Behörde nicht ein Idiotentest angebracht wäre.