Unvoreingenommen rechts

Dass Österreichs Justitia vor allem mit dem rechten Auge nichts sehen will, mag abgeschmackt klingen, aber sie versucht immer wieder, diesem Ruf gerecht zu werden. Im neuesten Fall, der seit Dienstag vergangener Woche in Wien verhandelt wird, geht es um einen Überfall auf das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH), einen Treffpunkt für linke Gruppen in Wien. Am 27. Oktober 2013 drangen etwa 30 Personen, die dem rechtsextremen Fußballfanclub »Unsterblich Wien« zugerechnet werden, in das Haus ein, wo gerade Veranstaltungen der kommunistischen Gewerkschaft Komintern und des linken türkischen Arbeitervereins ATIGF stattfanden. Die Angreifer schlugen einen Gewerkschafter im Treppenhaus nieder, konnten aber dank der großen Zahl der Anwesenden im EKH vertrieben werden. Sieben Angreifer sind wegen Hausfriedensbruchs angeklagt, einer zusätzlich wegen Körperverletzung. Sie bestreiten, Mitglieder von »Unsterblich Wien« zu sein, einer Fangruppe, deren Mitglieder für rassistische und neonazistische Parolen und Aktionen bekannt sind und der nach Jahren der Beschwerden im Januar 2013 vom Fußballverein »Austria Wien« schließlich der Status als offizieller Fanclub entzogen wurde. Dutzende Mitglieder erhielten zudem Haus- und Stadionverbote.
Ob Mitglieder von »Unsterblich Wien« oder nicht – die Angreifer hatten sich eindeutig als rassistisch und nazistisch geoutet. Augenzeugen wollen Sprüche wie »Scheißkanaken« gehört und gesehen haben, wie der Hitlergruß gezeigt wurde. Einige der Angreifer sind wegen Körperverletzung vorbestraft. Davon, dass der Überfall rassistisch motiviert sein könnte, ist in der Anklageschrift jedoch nicht die Rede. Offenbar ist es ganz normal, dass Fußballfans gerne einfach mal raufen. Dass Migrantinnen und Migranten sowie Kommunisten zu den Opfern gehören, ist wohl Zufall. Was stehen die auch immer im Weg herum? Und wehren wollten sie sich auch noch gegen die raue Kontaktsuche. Das ging jedoch zu weit: Zwei der Aktivisten aus dem EKH sind ebenfalls angeklagt, da sie einen der Angreifer attackiert haben sollen.
Dass der politische Hintergrund des Überfalls im Prozess gar keine Rolle spielt, kritisieren unter anderem Vertreter des ATIGF und von Austria Wien. Doch keine Sorge, nicht immer geht es so unvoreingenommen zu in der österreichischen Justiz. Beim Prozess gegen den Antifaschisten Josef S. etwa, der gewaltsam gegen den von Rechtsextremisten frequentierten Akademikerball im Januar protestiert haben soll, wurde von der Staatsanwaltschaft herausgestellt, welch fiese Chaoten und »Demonstrationssöldner« Antifaschistinnen und Antifaschisten doch sind.